Autor Thema: "Sinnkrisen treiben Pflegekräfte aus dem Beruf"  (Gelesen 5670 mal)

Offline Thomas Beßen

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"Sinnkrisen treiben Pflegekräfte aus dem Beruf"
« am: 11. Februar 2016, 07:27:00 »
"Es ist nicht allein eine als zu gering empfundene Entlohnung, die Pflegekräfte aus dem Beruf treibt. Vielmehr erleben viele Pflegende den Konflikt zwischen ihrem ursprünglichen Berufsideal und dem betrieblichen Alltag als so belastend, dass sie ihren Beruf nicht mehr ausüben wollen oder können. Eine entsprechende Untersuchung zu Erwerbsminderungsrenten in der stationären Pflege hat jetzt das Institut Arbeit und Technik (IAT / Westfälische Hochschule) vorgestellt.

Dem aktuellen Forschungsstand zufolge wird der frühzeitige Berufsausstieg von Pflegekräften häufig als Folge der hohen Arbeitsbelastung erklärt: Die Ökonomisierung der Medizin habe eine Umstrukturierung der Tätigkeiten bewirkt, welche zu einer höheren Arbeitsbelastung geführt habe. „Bisher unberücksichtigt bleibt, dass die ökonomischen und strukturellen Veränderungen vor allem zu einem Wandel des pflegerischen Berufsbildes geführt haben“, heißt es in der IAT-Arbeit. Neben der Gesundheit habe aber auch die Motivation der Beschäftigten einen hohen Einfluss auf deren Arbeitsfähigkeit im Alter.
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„Fabrik Krankenhaus“ verändert das Berufsbild... "


Dies & mehr unter http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/65527/Sinnkrisen-treiben-Pflegekraefte-aus-dem-Beruf

Frühe Grüße!
Thomas Beßen
Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline IKARUS

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Re: "Sinnkrisen treiben Pflegekräfte aus dem Beruf"
« Antwort #1 am: 11. Februar 2016, 07:58:50 »
Und das nicht erst seid wenigen Jahren. Ja es ist die Schieflage zwischen dem eigenen Anspruch an den Beruf und die berufliche Wirklichkeit. Da haben Pflegekräfte (aber nicht nur wir!!) ein Bild von ihrer Arbeit beim Eintritt in den Beruf und werden dann von den alltäglichen Rahmenbedingungen zu Tätigkeiten veranlasst, die mit ihrem persönlichen Ansprüchen kaum vereinbar sind.
Das Phänomen Berufsausstieg habe ich zum ersten mal 1979 erlebt. Da ist ein Stationspfleger vom Krankenbett an die Hobelbank gewechselt.
Statt ihm Hilfe angedeihen zu lassen bekam er nur Sprüche um die Ohren: "Wenn sie den Druck nicht aushalten, dann müssen sie halt gehen!"
Mir wurde mal der Spruch gesagt:" Wenn sie gute Pflege wollen, dann gehen sie doch in die Autowerkstatt!"
Ja die Vorgesetzten haben auch eine wichtige Aufgabe. Statt bewährte und verdiente Mitarbeiter "in die Wüste zu schicken", sollten die Manager nach Lösungen suchen, wie fachlich wertvolle Mitarbeiter unterstützt werden können, ihre Schieflage wieder auszugleichen.
Bleibt zu fragen, was da die Betriebsärzte flankierend tun können, so sie denn dem Mitarbeiter sich verpflichtet fühlen und nicht dem Arbeitgeber, von dem sie ja auch abhängig sind. 
Sinnstiftende Grüße, IKARUS

Offline zirpelspinner

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Re: "Sinnkrisen treiben Pflegekräfte aus dem Beruf"
« Antwort #2 am: 15. Februar 2016, 15:26:19 »
Da empfehle ich auch noch den Artikel aus der Jugendbeilage "Jetzt" der Süddeutschen Zeitung.
Ich habe schon lange keine so gute Analyse der Lage und vor allem des Blickes auf Pflege wie in dem folgenden Artikel gelesen.

http://www.jetzt.de/job/unterschaetzter-beruf-krankenpflegerin

Die Zustände, die gerade im Gesundheitssystem herrschen sind gewollt, sonst wären sie nämlich nicht so. Also sollten Pflegende weiterhin mit den Füssen abstimmen und gehen. Denn es gilt der Spruch der Bremer- Stadtmusikanten: "Etwas besseres als den Tod finden wir überall."


Offline dino

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Re: "Sinnkrisen treiben Pflegekräfte aus dem Beruf"
« Antwort #3 am: 15. Februar 2016, 16:44:12 »
Der Bericht iist teilweise sehr polemisch. Es ist ein Aneinandereihen von Jammern auf hohem Niveau. Jede Sparte in Deutschland hat in den letzten Jahren eine enorme Arbeitsverdichtung erfahren.
Eigene ansprüche an den Job? Wer diese verwirklichen will sollte mit der Bank seines Vertrauens sprechen und eine private Einrichtung betreiben. In jedem Job gibt es einen vorgegebenen Rahmen. Und in jedem Job gibt es eben auch Menschen die damit nicht klarkommen. In Stellenausschreibungen steht in der Regel auch etwas von belastbar, oder? Wen hab ich nun vergessen? Richtig, die Pflegekraft. Was kann sie tun? Eine Menge, würde ich sagen. Sie kann ihre persönliche Arbeitsorganisation überprüfen und eben Prioritäten setzen. Was man nicht packt bleibt liegen, es gibt noch eine nachfolgende Schicht. Das bedeutet aber auch alte Zöpfe abschneiden, weil eben viele der Meinung sind Alles erledigen zu müssen. Dauerdienste, aus dem Frei holen? Man kann auch NEIN sagen, wer dies nicht tut braucht sich nicht zu beschweren. Und bevor man immer die Schuld bei Politikern, Klinikträger usw. sucht könnte man versuchen auf der Ebene Station positive Veränderungen herbei zu führen. Zum Beispiel Einführen eines Wunschdienstplanes, problemloses Tauschen von Diensten, 1x jährlich im Herbst eine gemeinsame Urlaubsplanung für das Folgejahr, regelmäßige Teamsitzungen, Verbesserungsvorschläge der Teammitglieder aufgreifen und umsetzen. Aber es ist nun mal einfacher zu jammern und den Vogel auf dem Dach zu wollen. Bevor jemand eine neue Stelle antritt einfach mal reinschnuppern und hospitieren.
Nachdenkliche Grüße
dino

Offline IKARUS

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Re: "Sinnkrisen treiben Pflegekräfte aus dem Beruf"
« Antwort #4 am: 15. Februar 2016, 17:04:10 »
Das ist ja das Schöne Dino, dass wir manchmal sooo unterschiedliche Standpunkt einnehmen und manchmal deckungsgleich sind.
Ja es gibt viele Berufe, denen es genauso ergeht wie der PFLEGE. Im Gegensatz zu vielen Berufsangehörigen in der PFLEGE nehmen andere Professionen ihr Schicksal in die eigenen Hände. Da könnten WIR noch viel lernen!

Sonnige Grüße aus dem Ruhrgebiet, IKARUS

Offline dino

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Re: "Sinnkrisen treiben Pflegekräfte aus dem Beruf"
« Antwort #5 am: 15. Februar 2016, 20:02:26 »
Hm, in die eigene Hand nehmen? Wie ist das noch bei Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizeien der Länder/Bundespol., Soldaten/innen der Bundeswehr? Ich weiß ja das du ne Pflegekammer favorisierst. Nur lassen sich die Probleme aus dem Artikel so net lösen, im Gegenteil, ne Kammer hätte mit dem Lösungsprozess gar nichts am Hut. Man sollte bei Problemen und deren Lösungsprozess nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Außerdem fängt der Lösungsprozess immer in der kleinsten Einheit an, den Teams. Da muss man halt in die Pötte kommen, net jammern und auf Heilsbringer warten. Denn Du weißt ja: Das ist ja gerade das Wunderbare an einem Wunder, dass es sich dann einstellt wenn man auch etwas für das Wunder tut und nicht nur wartet bis sich das Wunder einstellt. Und dazu brauch ich keine Kammer. In der Kammer stehn Besen und Putzmittel :-D , mehr net. Ich habs schon n-Fach geschrieben, Veränderungen fangen klein an, und da ist Jeder seines Glückes Schmied.
VG von den Schneeflocken
dino

Offline IKARUS

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Re: "Sinnkrisen treiben Pflegekräfte aus dem Beruf"
« Antwort #6 am: 15. Februar 2016, 20:20:41 »
Auch hier teile ich deine Standpunkt Dino! Neben der Kammer, die ihre Aufgaben erfüllen muss, benötigen wir noch andere Akteure. Aber vor allem - hier liegst Du präzise richtig - müssen wir selber aktiv werden. Bis das in die Köpfe einiger Mitakteure gelangen wird, wird noch sehr viel Zeit verstreichen.
Tun wir, was wir können!
Es steht ja auch geschrieben ; "handelt bis ich wiederkomme!"

Beste Grüße, IKARUS

Offline dino

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Re: "Sinnkrisen treiben Pflegekräfte aus dem Beruf"
« Antwort #7 am: 16. Februar 2016, 14:20:04 »
Es soll sogar Mitarbeiter/innen geben die gehen gerne und motiviert zur Arbeit, denen macht sogar der Job Spass. Wow, welch ein Wunder, und das im pflegefeindlichen Deutschland. Ohne Zweifel gibt es Verbesserungspotential. Ich unterhielt mich kürzlich mit einer studierten Pflegefachkraft die APH`berät. Sie beklagt vor Allem die Beratungsresistenz der Mitarbeiter aus dem Pflegebereich. Jedes Ding hat eben mehrere Facetten, gell.
Hier nun zur allgemeinen Abwechslung ein positiver Artikel.
VG
dino

Offline IKARUS

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Re: "Sinnkrisen treiben Pflegekräfte aus dem Beruf"
« Antwort #8 am: 16. Februar 2016, 15:44:39 »
Ja Dino!! Es gibt auch heute noch Pflegekräfte, die nach Jahrzehnten gerne zur Arbeit gehen und sich den alltäglichen Herausforderungen stellen.
Ja, es gibt und gab seit je her Pflegekräfte die Beratungsresistent sind oder waren. Es ist ja mitunter so, dass es Kollegen gibt, die ihren Standpunkt mit allen Mitteln verteidigen, auch wenn es Erkenntnisse gibt, die uns eines Besseren belehren. Die Freude am Beruf kann auch damit gelingen, wenn es uns gelingt, dem Nachwuchs näher zu bringen, wie sie sich vor den Untiefen des Berufs schützen können. Viele Berufsaussteiger oder Desillusionierte flüchten ja mangels Perspektive bezogen auf die eigene Zukunft. Gute Artikel in den diversen Fach-Zeitschriften können helfen, dem Nachwuchs Perspektiven aufzuzeigen. Was ich im Unterricht tun kann, sind nur kleine Schritte. Anregungen von allen Seiten sind immer willkommen.

Sonnige Grüße aus Essen, IKARUS