Autor Thema: "Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"  (Gelesen 8879 mal)

Offline Thomas Beßen

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"Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"
« am: 06. Mai 2014, 04:44:58 »
"Pflegekräfte in Deutschland und Österreich greifen immer häufiger zu Suchtmitteln. Im Rahmen einer Umfrage des Pflegewissenschaftlers Professor Jürgen Osterbrink beantworteten 60 Prozent der deutschen und 40 Prozent der österreichischen Pflegekräfte die Frage, nach einem Suchtmittelproblem in der Pflege mit Ja. In einem Interview mit der Fachzeitschrift „kma – Das Gesundheitswirtschaftsmagazin“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2014) legt der Experte weitere Zahlen offen, erklärt die Hintergründe und fordert zu einem offenen Umgang mit dem Problem auf. ..."

Quelle & mehr: Pressemitteilung Georg Thieme Verlag - https://www.thieme.de/de/presse/sucht-in-der-pflege-58994.htm

Frühe Frühlingsgrüße! :-)
Thomas Beßen
Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline IKARUS

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Re: "Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"
« Antwort #1 am: 06. Mai 2014, 13:31:19 »
Es mag ja stimmen, dass Pflegekräfte zu Suchtmitteln greifen und dass die aktuelle Studie das bestätigt. Zu Suchtmitteln haben (nicht nur!!) Pflegekräfte schon immer gegriffen. Das dürfte Inseidern nichts Neues sein!
Dann erhebt Prof. Osterbrink die Forderung, dass "man" einen offenen Dialog führen sollte. Prima! Ist aber nicht lebensnah!! Wenn sich Jemand innerhalb unserer Berufsgruppe outet [ich weiß da, wovon ich schreibe!!]bezieht man für die Offenheit nur Prügel. Ich werde mich nicht noch einmal im Kreise meiner Berufskollegen outen!!  Da gilt für mich heute der Spruch: "Du brauchst keine Feinde, du hast doch Kollegen.
Sollte Prof. Osterbrink garantieren, dass dem der sich outet nichts passiert, dann könnte ich die erhobene Forderung unterstützen.
Wir (die Pflegenden!!) müssen an dieser Stelle noch sehr viel lernen.
Wir pflegen unsere Patienten und kränken unsere Kollegen. Wenn auch nicht immer mit Absicht. "Das war doch so nicht gemeint!" Höre ich sooft.
Vor dem Reden ist das Denken nicht verboten.

Beste Grüße aus Essen, Michael

Monika Jens

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Re: "Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"
« Antwort #2 am: 06. Mai 2014, 14:50:12 »
Die Frage ist ja, warum sie zu diesen Suchtmitteln greifen? Gibt es Mobbing, haben sie wegen ihrer Arbeit psychische Belastungen und Probleme? Sie sind jedenfalls unterschätzt und schlecht bezahlt.

Offline IKARUS

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Re: "Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"
« Antwort #3 am: 06. Mai 2014, 19:04:12 »
Lass mich folgendes antworten Monika.
Als ich mit der Intensivpflege Ender der 70er Jahre begonnen hatte, hatte ich einen super guten Mentor, der ein Alkoholproblem hatte. Sicherlich war der Zustand der schwerstverletzten Patienten ein Grund für das Trinken. Was aber für mich entscheidender war, war die Tatsache, dass viele unserer Kollegen sich lustig machten, wenn er von seinen seelischen Belastungen sprach. Heute würde Menschen die sich so verhalten als Weicheier bezeichnet. Ich denke, dass es den Menschen schlecht geht, die im Kollegenkreis von ihren Gefühlen sprechen. Diese berühren die Zuhörer. Sie können damit nicht umgehen und "bügeln" den Hilfesuchenden ab. Ich weiß es nicht wie sich die Berufskollegen in der Psychiatrie verhalten. In der Somatik sind mir nur wenige Kollegen begegnet, die über Jahre hin empathisch verhalten haben. Ich weiß es auch nicht, ob Supervisionen und Balintgruppen in der Psychiatrie besser funktionieren als in der Somatik. Als ich in München war [Anfang der 80er Jahre], wurde eine Supervisionsgruppe von einer engagierten Psychologin aufgebaut. Nach einem Jahr "flog" die Gruppe auseinander. Einige Jahre später habe ich im Ruhrgebiet an einem ähnlichen Projekt teilnehmen können. Der Misserfolg hat sich wieder holt. Das hat sich in den 90er Jahren und Anfang 2000 wiederholt. Aus diesem Grunde und mit dieser Erfahrung fällte es mir schwer zu glauben, dass es funktionierende Gruppen geben kann. Glauben will es wohl, dass es klappen kann, aber die Skepsis bleibt.   
Wollen wir hoffen, dass sich was ändert!
Beste Grüße aus Essen, Michael

Offline dino

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Re: "Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"
« Antwort #4 am: 07. Mai 2014, 17:21:55 »
Die Frage ist ja, warum sie zu diesen Suchtmitteln greifen? Gibt es Mobbing, haben sie wegen ihrer Arbeit psychische Belastungen und Probleme? Sie sind jedenfalls unterschätzt und schlecht bezahlt.
Also das entspricht zwar dem Main stream ist aber plakativ und oberflächlich. Du machst es Dir zu einfach mit dieser Antwort. Es gibt in jeder Gesellschaftsschicht Suchterkrankungen, wir sind in den letzten Jahren auch sensibler gegenüber seelischen/Suchterkrankungen geworden.
Wenn sich jemand outet ist das erstmal allgemein, die Frage ist wofür er sich outet. Sich über eine seelische Belastung lustig machen spricht nicht grade für eine hohe soziale Kompetenz. Wir reden hier von Schwerstverletzten. Empathie, cool sein wollen, Weichei, Blauerviggoleger (von der Farbe der Viggo abgeleitet, nicht C²), etc. Wer kennt nicht diese Schlagworte? Und wie oft werden diese Worte verwendet weil man es selbst nicht drauf hat? Man kann heute mit Alles und Jedem etwas negatives drehen. Man kann, ohne den Einzelfall zu kennen, nicht zu einer sachlichen Beurteilung kommen. Wenn jemand ein seelisch traumatisches Erlebnis hatte muss man sich um ihn kümmern. Dazu gehört, wenn möglich, ein zeitnahes Herauslösen aus dem Geschehen. Danach, wenn gewünscht, weitere Massnahmen wie persönliches Gespräch oder KIT.
Aber wir müssen uns auch darüber klar sein das nicht jede Erkrankung mit dem Berufsfeld vereinbar ist. Bei einem Bandscheibenprolabs sagt keiner was. Aber was ist mit wiederkehrenden Albträumen und massiver Schlafstörung, Angst vor dem nächsten Patienten etc. Sollte eine Reha nicht greifen muss eingeschritten werden. Eine Abhängigkeitserkrankung eines Mitarbeiters auf einer Intensiv ist nicht tragbar.
Die hast eine Supervision angesprochen. Supervision kann nur unterstützend helfen, es ist kein Allheilmittel. Sie wird von den Teilnehmern getragen, nicht vom Supervisor. Traumatische Erlebnisse habe ich immer in der Gruppe besprochen, einmal in der Supervision. Natürlich ist jeder Mensch anders gestrickt, aber bei mir dauert es je nach Erlebnis bis die Bilder weg sind. Und wenn ich darüber schreibe kommen mir welche in den Kopf. Ich halte das sogar für normal. Das ist wie auf einer Fstplatte gespeichert. Und wenn sich einer drüber lustig macht will er entweder von sich ablenken oder noch nichts erlebt.
Viele Grüße
dino

Offline IKARUS

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Re: "Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"
« Antwort #5 am: 08. Mai 2014, 10:13:26 »
Dino, gerne gebe ich Dir wieder Recht mit deiner Betrachtung. Ich kann mich dieser anschließen. Es ist aber auch so, dass Vorgesetzte nicht geschult sind oder sie haben /kennen keine Alternative. In einem guten Team wird sehr viel gegenseitig aufgefangen und aufgearbeitet. Aber was ist, wenn im Team Egoismen ausgelebt werden und ein Mitarbeiter isoliert wird?  DA war im Fokus meines Denkens. Daran hatte ich mich erinnert und es angesprochen!
Ich gebe dir auch recht, wenn Du schreibst, dass manche die sich lustig machen überhaupt nicht wissen in welches Thema sie sich einmischen und ungefragt und ungeschickt äußern.
Beste Grüße, Michael

Offline dino

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Re: "Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"
« Antwort #6 am: 08. Mai 2014, 14:59:29 »
Hi Ikaraus, heute sollte/müsste eigentlich jede Leitung eine Weiterbildung als Voraussetzung haben. Dazu gibt es anschließend weitere Führungskräfteschulungen.
Lebt ein Mitarbeiter seine Egoismen aus (wer tut das nicht, der Grad ist entscheidend) kann man dies doch nutzen. Er bekommt ein entsprechendes Tätigkeitsfeld und kann sich seine Hörner abstoßen, dadurch wird keiner isoliert. Und manchmal muss man einfach mal die Luft rauslassen. Aber es soll auch Ma geben die sich selbst isolieren, dass kennst Du doch auch. 
Viele Grüße
dino

Offline IKARUS

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Re: "Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"
« Antwort #7 am: 10. Mai 2014, 11:12:23 »
Die PDL-erin die ich hier vor Augen hatte, hatte sämtliche Aus- und Fortbildungen. Wie wir beide, und Viele mehr, wissen, ist fachliche Bildung nicht Alles. Das Egoismen ausgelebt werden ist ja nicht das Problem. Es ist, wie du schreibst das Maß an Ausleben und der Ort und die Zeit ausschlaggebend. Das sich Mitarbeiter selber isolieren ist sicherlich eine Tatsache. Fragen möchte ich gerne, ob sie es wirklich bewusst tun. Hier habe ich meine Zweifel! Manchmal merken sie erst zu spät, dass da was in Entwicklung sich befindet. Erklären können sie es sich nicht und bekommen keine Rückmeldung.
Lass uns erstmal das regnerische Wochenende durchleben und auf die Sonne warten.

Beste Grüße, Michael

Offline dino

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Re: "Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"
« Antwort #8 am: 11. Mai 2014, 15:38:12 »
Hi Ikarus, eine PDL hat doch mit den meisten zwischenmenschlichen Stresssituationen nichts am Hut. Das spielt sich doch alles auf Abteilungs-(Stations) Ebene ab. Und nur ein Teil der Auseinandersetzungen hat mit dem Haus zu tun. Und dann gibt es doch noch die interne "Hackordnung", aus der man sich klugerweise so lange als möglich heraushält und so früh als nötig einschaltet. Wir müssen auch anerkennen das es nicht nur weiß und schwarz gibt, es existieren auch ne Menge Grautöne. Wer in einem Krankenhaus arbeitet muss eine robuste Seele haben, ansonsten geht er mit der Zeit vor die Hunde. Wir müssen akzeptieren das wir nicht jedem helfen können. Ich schreibe bewusst helfen und nicht Retten, denn das wäre noch eine Liga höher. Wir müssen uns unsere individuelle Achtsamkeit bewahren um nicht abzustumpfen, denn tun wir dies nicht, nimmt unsere Seele/Psyche irreperablen Schaden. Wir müssen uns auch einen guten Egoismus bewahren, ein Altruist ist zum Scheitern verurteilt. Letztendlich üben wir einen Beruf/Job aus der labile Menschen massiv gefährden kann. Sie sehen darin nämlich eine Berufung, die dann zwangsläufig zur Selbstaufgabe führt. Unser Job gleicht manchmal einem Seiltanz. Klar springe ich auch ein, bleibe länger. Aber ich gehe auch mal früher oder komme später. Und es gibt auch freie Tage wo ich konsequent NEIN sage und meine.
Viele Grüße
dino

Offline IKARUS

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Re: "Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"
« Antwort #9 am: 11. Mai 2014, 16:08:11 »
Wie sooft Dino lese ich deine Zeilen sehr gerne, sprechen sie mir doch manchmal aus der Seele. Der zwischenmenschliche Disput lag zwischen der PDL und mir als nachgeortnetem Mitarbeiter = SL gemeint. Ansonsten gebe ich dir gerne REcht, wenn du schreibst, dass wir uns aus dem zwischenmenschlichen Zankereien des Personals heraushalten sollten. Jedes mal wenn ich mich in solchen Angelegenheiten eingemischt habe, habe ich von beiden Seiten eine mitbekommen. Ich bin dann nur noch eingeschritten, wenn die Pflege der Patienten in Schieflage geriet.
Aus dem verregneten Essen grüßt, Michael

Offline dino

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Re: "Immer mehr Pflegekräfte greifen zu Suchtmitteln"
« Antwort #10 am: 13. Mai 2014, 17:10:13 »
Hi Ikarus, auf einer Führungskräftefortbildung sagte uns der Dozent das es nichts schädlicheres gibt als Friede, Freude, Eierkuchen. Er formulierte es so, hurra, wir kaben einen Konflikt. In der Regel ist nicht der Konflikt das Schädliche, sondern was daraus gemacht wird resp. umgegangen wird. Es ist vollkommen normal das man mit der PDL nicht immer konform geht und umgekehrt das wir nicht immer Konform mit Mitarbeiter sind. Man macht da halt manchmal eine Gratwanderung. Am leichtesten sind da Kontroversen für Beschaffungen zu handeln.
 Überzeugen - Mittel vorhanden -  :-D  Überzeugen - Mittel fraglich -  :? Überzeugen - keine Mittel vorhanden -  :-o :-(
Einen DP erstellen ist da schon diffiziler. Unser Job besteht letztendlich aus Konfrontationen, positiv wie negativ.
Viele Grüße
dino
« Letzte Änderung: 13. Mai 2014, 17:15:25 von dino »