Autor Thema: Gericht setzt Grenzen für Fixierung Demenzkranker  (Gelesen 4962 mal)

Offline Thomas Beßen

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Gericht setzt Grenzen für Fixierung Demenzkranker
« am: 27. Juli 2012, 09:54:04 »
"In Pflegeheimen werden Demenzkranke oft mit Gurten oder Gittern daran gehindert, ihr Bett zu verlassen. Dafür ist künftig ein Gerichtsurteil nötig, entschied der BGH.

Demente Heimbewohner dürfen nicht ohne gerichtliche Genehmigung mit Bettgittern oder Gurten in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Die Zustimmung des Betreuers reiche nicht aus, urteilten die Richter. Das Anbringen von Bettgittern sowie die Fixierung im Stuhl mit einem Beckengurt seien freiheitsentziehende Maßnahmen, die eine gerichtliche Prüfung erfordern.

Demente Menschen zeigen oft einen großen Bewegungsdrang, verlassen die Einrichtungen und irren draußen herum. Nach im Frühjahr veröffentlichten Zahlen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen werden etwa 140.000 Menschen mit Gittern, Gurten oder anderen Barrieren daran gehindert, ihr Bett oder ihren Rollstuhl zu verlassen. Bei etwa 14.000 von ihnen fehle die richterliche Genehmigung, stellte der Medizinische Dienst fest. ..."


Mehr dazu bitte hier: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-07/demenz-heimbewohner-bgh

Guten Morgen!
Thomas B.

Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline IKARUS

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Re: Gericht setzt Grenzen für Fixierung Demenzkranker
« Antwort #1 am: 27. Juli 2012, 20:33:27 »
Das ist auch heute eine Meldung in dem NEWSLETTER des Billiomed Verlages.
Fixierung nur noch mit richterlicher Genehmigung   
27.07.2012

Pflegeheime, die demente Bewohner mit Gurten oder Gittern in ihrer Bewegungsfreiheit beschränken, brauchen hierfür künftig immer eine richterliche Genehmigung. Die Zustimmung Familienangehöriger oder von Betreuern reiche nicht aus, entschieden die Richter des Bundesgerichtshofs in einem gestern veröffentlichten Urteil. Im vorliegenden Fall hatte der mit einer notariellen Vorsorgevollmacht ausgestattete Sohn einer 90-jährigen an Demenz erkrankten Frau zugestimmt, sie tagsüber mithilfe eines Beckengurts in einem Stuhl zu fixieren und nachts durch Gitter in ihrem Bett zu halten, nachdem sie zuvor mehrfach gestützt und zu Schaden gekommen war. Da es sich um freiheitsentziehende Maßnahmen handelt, reicht die Vollmacht und die Zustimmung des Sohnes nach Ansicht der Richter aber nicht aus.
Die Deutsche Hospiz Stiftung begrüßte die Entscheidung. „Das Anlegen von Gurten, das Anbringen von Bettgittern sowie die medikamentöse Fixierung sind keine Bagatellen, sondern freiheitsentziehende Maßnahmen“, sagte der Vorstand der Patientenschutzorganisation Eugen Brysch. Bis zu 40 Prozent der 700.000 Pflegeheimbewohner in Deutschland würden solchen schweren körperlichen Einschränkungen ausgesetzt. Es sei gut, dass der Bundesgerichtshof klargestellt habe, dass hierfür ein richterlicher Beschluss vonnöten sei und auch eine notarielle Vollmacht die gerichtliche Kontrolle nicht aushebele. In rund zehn Prozent der Fälle, also bei etwa 28.00 Betroffenen hierzulande, liege keine richterliche Genehmigung für die Fixierung vor. „Das ist Freiheitsberaubung. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern sind aufgefordert, hier einen Maßnahmenkatalog zu erlassen, der Fixierungen in der Praxis möglichst verhindert.“ Durch die Schulung des Personals und angepasste Hilfsmittel könne auf den größten Teil der freiheitsentziehenden Maßnahmen ohnehin verzichtet werden.


Ich war davon ausgegangen, dass es auch bereits heute die Vorgebe gibt, dass wir bei mehr als 24 Stunden die richterliche Erlaubnis benötigen, wenn wir einen Patienten fixieren.
Es wird doch wohl keiner so unklug sein und sich auf die Zustimmung eines Betreuers oder eines Angehörigen verlassen. Das ist ja eh nicht möglich, solange der Mensch nicht entmündigt ist. Eine Betreuung ist ja nicht mir einer Entmündigung gleichzusetzen. Und Angehörige können auch nicht zustimmen, auch wenn wir Vieles mit ihnen besprechen und es lega atis ist, wenn wir uns oft so verhalten. Das hier nicht viel passiert ist unser Glück. Das entspricht aber nicht der Rechtssprechung!!
Bei guter Begründung kann es auch notwendig und hilfreiche sein, wenn der Patient vor Schaden geschützt wird. Ich muss es gut begründen können, damit ich die Erlaubnis bekommen kann.
Da sollte es man uns auch nicht einfacher machen!!

Wenn die Forderung immer wieder gestellt wird, dass wir weniger fixieren sollen, dann müsste auch die Frage geklärt werden, wer die Menschen betreut, bei der dünnen Personaldecke.
Wir fixieren doch nicht, damit wir störungsfrei pausieren können. Und zwei Pflegekräfte können nun mal nicht 10 Patienten begleiten und pflegen.
Grüße aus Essen, IKARUS

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Online dino

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Re: Gericht setzt Grenzen für Fixierung Demenzkranker
« Antwort #2 am: 27. Juli 2012, 20:44:27 »
Der mit den zwei Pflekräfte auf 10 Bewohner war echt gut, schreibe 20 Bewohner und Du näherst Dich der Realität. Wobei noch nicht geklärt ist welche Qualifikation die Pflegekräfte haben. Als erstes haben sich die Chirurgen über das Urteil gefreut, denn die Anzahl der TEP`s wird ansteigen. Viele private Altersheime setzen auf ein Maximm an Profit bei einem Minimum an qualifizierten Personal. Da mögen vielleicht die Krankenakten stimmen, aber wenn irgendwo was von MRSA steht weiß keiner was damit anzufangen.
Viele Grüße    dino

Offline IKARUS

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Re: Gericht setzt Grenzen für Fixierung Demenzkranker
« Antwort #3 am: 28. Juli 2012, 07:51:45 »
Es wird sicherlich so sein DINO, dass es Arbeitsplätze gibt die weit außerhalb meiner Vorstellungskraft liegen was bedeutet, dass der Personalmangel noch größere Ausmaße annimmt als ich es mir vorstellen kann.
Eine Fixierung ist nur auffälliger als eine Infektion mit dem MRSA. Schaden richten beide an!
Auch hast du recht, wenn Du darauf hinweist, dass die Dokumentation Abweichungen von der Realität abbilden können. Es gilt das nur nachhaltig zu beweisen, damit dem "Schreiberling" das Handwerk gelegt werden kann. Hier ist dann wie in manch anderen Fällen falsche Solidarität an der Tagesordnung. 
Wie im Leberskandal werden Viele Einiges gewusst haben, aber sie hatten wohl keine Beweise um Andere zu informieren.
In einem Gespräch am Abend ist mir aber auch gesagt worden, dass in anderen Berufen der Arbeitsdruck ebenso hoch ist wie in der Pflege. Ich sehe aber hier den Unterschied, dass das Warten auf die Reparatur einen anderen Stellenwert hat als das Warten auf das Rettungsteam. Was das Auto angeht treiben viele auch mehr Vorsorge als wenn es um ihren Körper oder um ihre Geunsheit geht.
Die Autowerkstatt läßt sich um 17 Uhr schließen, das Krankenhaus jedoch nicht. Da müssen auch für Notfälle Mitarbeiter bereitgehalten werden, um einem Notfall begegnen zu können. Nun kommt hinzu DINO, dass das Personal in der Rettung nicht von Berufsanfängern gestellt werden kann/sollte. Wie in vielen Bereichen ist die Erfahrung von ausschlaggebender Bedeutung, soll ein Einsatz Erfolg haben. Ein Fehler im Einsatz kann später auf der Intensivstation nicht immer korrigiert werden.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Bevölkerung sich nur für die Rettung interessiert, wenn sie sie benötigt. Wie wir damit "richtig" umgehen können, kann ich an dieser Stelle nicht verschriften.
Gutes sonniges Wochenende wünscht, IKARUS

Online dino

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Re: Gericht setzt Grenzen für Fixierung Demenzkranker
« Antwort #4 am: 28. Juli 2012, 14:16:10 »
Hallo Ikarus, sorry, dass mit dem Schreiben minte ich anders. Der/die was in der Kurve geschrieben hat weiß vielleicht was er schrieb. Evtl. hat er/sie noch eine gute Pflegeplanung dazu geschrieben. Nur kann der Rest vielleicht damit nichts anfangen, weil keine Ausbildung. Natürlich gibt es Vorgaben, aber wie oft werden diese kontrolliert? Selst wenn der schreiber Mist geschieben hat wäre er auch nur ein kleiner Fisch, und dieser stinkt immer vom Kof ab.
Viele Grüße     dino

Offline IKARUS

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Re: Gericht setzt Grenzen für Fixierung Demenzkranker
« Antwort #5 am: 28. Juli 2012, 17:02:53 »
Nun habe ich dich besser verstanden und das mit der Verantwortung sehe ich wie du. Aber leider wird es so bleiben, dass nur denjenigen ans Zeug geflickt wird, die am Patienten/Menschen arbeiten, weil es einfacher nachgewiesen werden kann.
Eine Lösung für uns kenne ich bis heute nicht!
Ich gebe da auf mich acht und weise meine Schutzbefohlenen auf diese Klippen hin. Wenn sie mir nicht folgen (wollen!!) entlasse ich sie in ihre Zukunft. Da kann ich mir heute nichts mehr von annehmen.
Früher fühlte ich mich auch für das Nichtstun der Andren mitverantwortlich. Warum nur ??

Aber so ist es mit der Weiterentwicklicklung im beruflichen und privaten Leben eine Pflegers!

Schönes Wochenende wünscht, IKARUS

Online dino

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Re: Gericht setzt Grenzen für Fixierung Demenzkranker
« Antwort #6 am: 28. Juli 2012, 17:58:55 »
Nun eine frage an die Schüler. Einige von Euch haben vor der Ausbildung als Aushilfe in einem Altersheim gearbeitet. Wie waren Eure Erfahrungen mit Fixierungen, Ausbeutung oder Arbeitsverdichtung? Vielleicht meldet sich ja auch jemand zu Wort der aktuell in einem Altenheim arbeitet.
Viele Grüße    dino

Offline IKARUS

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Re: Gericht setzt Grenzen für Fixierung Demenzkranker
« Antwort #7 am: 28. Juli 2012, 18:15:32 »
Prima Anregung DINO!!!