Autor Thema: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?  (Gelesen 9026 mal)

Offline Thomas Beßen

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Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« am: 16. September 2011, 05:39:02 »
Heute, am Freitag, 16. September 2011 um 21.50 Uhr im ZDF (Wiederholungen: 17.09.2011 um 09:55 [Deutschland, 2011, 52 min, ZDF])

"Eine elektronische Babyrobbe revolutioniert die Therapie von Demenzkranken in Europa. Der Kuschelroboter Paro aus Japan ist jetzt in europäischen Kliniken und Pflegeheimen im Einsatz und löst eine intensive Kontroverse über emotionale Robotik in der Altenpflege aus. Annette Wagner verfolgt in ihrem Film "Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?" den aktuellen wissenschaftlichen und ethischen Diskurs in Dänemark, Japan, Frankreich und Deutschland. ..."
http://www.arte.tv/de/woche/244,broadcastingNum=1272243,day=7,week=37,year=2011.html

Siehe auch: http://www.pflegesoft.de/forum/index.php/topic,4189.msg10686.html#msg10686

Guten Morgen!
Thomas Beßen

Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline IKARUS

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Re: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« Antwort #1 am: 16. September 2011, 09:21:49 »
Ich finde es toll, wenn noch mehr Technik Einzug in die Pflege bekommt. Was sollen wir da noch mit Menschlichkeit und Gefühlen. Die sind ja doch nur lästig und störend, weil Viele mit ihnen ja doch nicht umgehen können.
Mir wurde mal ernsthaft gesagt: "das darfst du nicht so persönlich nehmen, so nah andich herankommen lassen und du musst dir ein dickes Fell anschaffen." Wenn es doch den seelenlosen Pfleger geben soll und die Patienten/ihre Angehörigen es so wollen, dann sollen sie es auch bekommen. Ich empfinde hier die Technisierung entwürdigend und so ein Einsatz käme in meinem beruflichen und privaten Umfeld nicht infrage.
Fröhlich Grüße vom emotionalen IKARUS

Offline dino

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Re: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« Antwort #2 am: 16. September 2011, 09:42:37 »
Hi Ikarus, seh ich differenzierter. Ich halte einen professionellen Abstand für wichtig. dies geht auch ohne Einbußen von Empathie. Aber wir brauchen für Entscheidungen einen klaren Kopf. Eine Entscheidung sollte immer auf Fakten basieren, nicht rein emotional sein. Eine rein emotionale innere Einstellung begünstigt ein burn out und fördert Fehlentscheidungen.
Ich kenne Teddys aus dem RD, aber die Intention ist eine andere. Wenn ich über ein Plüschtier oder besser noch ein echtes Tier einen Zugang bekomme ist das ok. Wir arbeiten mit tiergestützter Therapie und sind damit sehr zufrieden.
Viele Grüße aus dem Taunus dino

Offline IKARUS

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Re: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« Antwort #3 am: 16. September 2011, 11:05:14 »
Ja Dino, ich kenne den Einsatz (vom Hören her!) von Plüschtieren im Rettungsdienst und halte es hier auch für angemessen. Aber der Einsatz von Robotern in Pflegeeinrichtungen anstatt der Anstellung von lebendigen Fachpflegekräften wäre sinnvoller und besser. Aber mehr bezahlen für die Pflege will ja keiner. Man fährt ja lieber in den Urlaub oder kauft ein neues Auto, etc. Das ist ja die Entscheidung jedes Einzelnen! Aber der seelische Druck der dann auf die übriggeblieben Fachpflegekräfte ausgeübt wird, bringt meinen Mageninhalt nach außen. Da ist mein Standpunkt, dass wir immer die Kohlen aus dem Feuer holen sollen, die andere hineingeworfen haben [auch wenn sie das nicht bewusst machen]. Kollegiale Grüße aus Essen, IKARUS

Offline dino

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Re: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« Antwort #4 am: 16. September 2011, 14:16:36 »
Hi, wir sind Dienstleister. Wir können nur mit dem Arbeiten was uns zur Verfügung gestellt wird (Budgetierung) Jedem muss klar sein das man immer einen Kompromiss zwischen wünschenswert, machbar und unbedingt notwenig schließen muss. Wo man (örtlich) transparente Rahmenbedingungen hat kann man auch gut in diesem Rahmen agieren. An den bundesweit geltenden Rahmenbedingungen können weder Du, Ich oder der jeweilige Träger etwas ändern, deshalb hab ich auch keinen seelischen Druck. Unsere Aufgabe ist es, mit den verfügbaren Ressourcen ein Maximum an Ergebnisqualität zu produzieren. Und dabei muss jedem in der Branche klar sein das wir nicht immer Sieger sind. Und dies liegt nicht nur an den Rahmenbedingungen.  Die Kunst liegt einfach darin sich zu sagen: Mein Job ist wichtig, ich bin dafür qualifiziert, und deshalb mache ich weiter.
Viele Grüße aus dem zur Zeit sonnigen Taunus   dino

Offline IKARUS

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Re: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« Antwort #5 am: 16. September 2011, 14:47:36 »
Wie gehst Du dann mit dem Druck von der Pflegedienstleistung und den Angehörigen um, wenn sie [unangemessene] Forderungen stellen. Die Angehörigen aus Sorge um ihre Lieben, die PDL weil ihr der Aufsichtsrat im Nacken sitzt. Wir sollen an der Basis immer mehr leisten, mit immer weniger Personal auskommen und am liebsten unser Bedürfniss nach einer Tasse Kaffee nach Dienstschluss verschieben. Ich habe es noch nicht erlebt, dass sich jemand ernsthaft um die Belange der Werktätigen kümmert. Da kann der Gedanken aufkommen, dass sich um sich selber kümmern muss und in der Dienstzeit das Mögliche abarbeitet. Gruß, IKARUS

Offline dino

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Re: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« Antwort #6 am: 16. September 2011, 16:24:19 »
Hi, Du hast Dir selbst die Antwort gegeben, es wird abgearbeitet was abgearbeitet werden kann, natürlich nach Prioritäten. Und es gibt nicht nur PDL`s die Dir im Nacken sitzen. Es gibt auch welche die Dir den Rücken freihalten. Weniger Personal heißt ja erstmal Arbeits- und Organisationsabläufe zu überprüfen und den veränderten Gegebenheiten anzupassen. Dazu gehört aber auch, seiner PDL zu Sagen was eben nicht mehr geht. Natürlich muss dies dann auch den Tatsachen entsprechen. Oft muss man auch ein paar alte Zöpfe abschneiden, und sowas kann weh tun. Das Wort Leistungsdruck ist kein Alleinstellungsmerkmal des Pflegedienstes, dies findest Du heute in allen Lebensbereichen. Ich komm sogar dazu meinen Kaffe zu trinken, beim Dokumentieren am PC, bei ner Übergabe oder einfach während der Pause. Manchmal ist er halt kalt, aber schließlich hab ich mir den Job selbst ausgesucht. Und fairerweise muss man auch sagen das in Stellenbeschreibungen oft steht das man belastbar sein soll. Ich arbeite aber nicht in einem privaten Konsortium sondern einem kommunalen Verband. Bei rein Privaten mag dies negativer aussehen.
Viele Grüße aus dem Taunus  dino

Offline Beate

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Re: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« Antwort #7 am: 16. September 2011, 17:30:01 »
Ich arbeitete in einer privaten Klinik. Der PDL zu sagen, dass was nicht (mehr) geht, undenkbar.
Eine PDL ist eben das Salatblatt auf einem Sandwich, sie wird von oben aber auch von unten "gedrückt" und den Druck von ihrer Seite aus kann sie dann eher nach unten, also an die Basis zurückgeben, da, wo man sich reiflich überlegt, macht man den Mund auf oder nicht, riskiert man ggf eine Abmahnung etc oder landet man sogar auf der roten Liste.....................
Ich selbst, leider mit einem sehr schweren Burn out und anschliessender noch schwerer Depression 2008/2009, bin absolut der Meinung, dass die Pflegenden, auch wenn sie diesen Beruf einmal wählten, es verdient haben, dass sie mehr geachtet werden. In vielen Kliniken gibt es überhaupt keine Supervision. Arbeitsgruppen, Standartgruppen gibt es ohne Ende, zu jedem Thema noch eine weitere Arbeitsgruppe, aber das, was jedem passieren kann wird nicht besprochen, eher totgeschwiegen. Es muss doch auffallen, wenn sich die Engagiertesten des Teams verausgaben, wenn sie sich selbst nicht mehr wichtig nehmen, immer alles im "Griff" haben, usw. Die Ausfallzeiten des Burn out ist so heftig rasant gestiegen, da muß doch mehr Präväntion geleistet werden, nicht erst, wenn´s zu spät ist. Für mich war es und ist es noch erschreckend, wer dieses schon "durchgemacht" hat, da, wo ich es nie vermutet hätte.
Wenn die Arbeitgeber nicht bald mehr Kenntniss von dem Anstieg des Burn out nehmen, dann kann ich mir gut vorstellen, dass dieses überhand nehmen wird, eigentlich sehr schade, denn, wenn frühzeitig was getan wird, minimieren sich die "Kosten", da bin ich mir sicher.
Ich wünsche mir einfach, dass ich selbst nicht mehr in eine solche "Phase" gelange und dass sich das Bewußtsein stärkt, endlich was adäquates für die Gefährdeten und Erkrankten zu tun.
So, jetzt habe ich mal wieder genug geschrieben, hatte ich heute mal wieder Spaß mit so manchem "Amt". Getreu nach dem Motto: wer schreibt, der bleibt. Manchmal bin ich es echt satt, immer wieder telefonieren und schreiben zu müssen.
LG Beate, die sich gleich ein paar letzte Blümchen vom Feld holt

Offline Beate

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Re: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« Antwort #8 am: 16. September 2011, 19:28:58 »
Was mir noch gerade einfällt: seit der süße goldige leo, ein Perserkater mit hellem Fell in einem Alter von 8 Wochen bei meiner Freundin "eingezogen" ist und ich ihn quasi mit erzogen bzw betreue genieße ich es immer wieder, sein Fell zu spüren, welches so unglaublich weich ist. Sowas weiches habe ich selten gefühlt, das tue ich so gerne, ihn streicheln, knuddeln. Als er noch so klein war, hat er schnurrend bei mir känguruth (oder wie das heißt), mit seinen Pfötchen mein Gesicht erfühlt und sich gerne auf meine Schulter gesetzt. Kinder und Tiere sind für alte, verwirrte Menschen auch eine Art von "Therapie", das kann ich mir gut vorstellen. Es müßte mehr Kooperationen zwischen Kindergärten, Tierheimen und Pflegeheimen geben, vielleicht gibt es mehr, wie ich weiß...........
Ich könnte noch lange über das weiche Fell von unserem Leo philosophieren, aber ich habe gerade beschlossen, etwas zu pausieren und mich mit meinem Mann zu unterhalten.
LG Beate

Offline dino

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Re: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« Antwort #9 am: 16. September 2011, 19:39:11 »
Hi Beate, hier ist die reale Version http://www.emil-sioli.de/  Und es macht wohl allen Beteiligten viel Spass.
LG  dino

Offline Beate

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Re: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« Antwort #10 am: 16. September 2011, 22:09:19 »
Ich habe die Reportage gesehen, mein Mann und ich fanden sie sehr interressant und sind der Meinung, dass der Roboter ergänzend auch zum Therapieprogramm gehören sollte.
Gute Nacht

Offline Dottore

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Re: Roboter zum Kuscheln - Heilsam für Demenzkranke?
« Antwort #11 am: 03. Oktober 2011, 17:11:06 »
@Ikarus
Kuschelst Du denn mit den demenzkranken Patienten? Oder sind sie Dir zu schrumpelig, vom teilweise bestehenden Uringeruch der Inkontinenten ganz zu schweigen? Steigst Du des Nachts in ihre Betten um ihnen irgendeine körperliche Nähe zu vermitteln. Pass aber auf, dass Du nicht der Necrophilia bezichtigt wirst.

Na ok, ich will es mal nicht zu persönlich machen aber factum est, gewisse Grundbedürfnisse sind altersunabhängig, so auch Zuneigung, und - auch wenn man es den Alten gesellschaftlich immer abspricht - sogar noch Sexualität - sofern sie dazu noch in der Lage sind. So, einerseits sind diese Bedürfnisse da, andererseits gestaltet es sich schwierig, diese zu erfüllen.

Früher wurden die Leute halt meist nicht so alt und schrumpelig, da hat halt der Tod durch Krankheit, Kriege, Hungersnöte oder sonstwie das Problem "rechtzeitig" gelöst. Heute haben wir viele alte Menschen, deren Partner - sollten sie diesen überhaupt noch als ihren Partner erkennen - schon längst "über den Jordan" ist, sowie viele anderen Angehörigen. Auch die mitgezählt, die auch nicht mehr soviel Arbeit mit Oma/Opa haben wollen und sie darauf ins Heim stecken, da ihr eigenes Leben schon kompliziert genug ist.

Wenn nun niemand Vertrautes mehr da ist, man sich vor Ihnen ekelt, "professionell distanziert", oder wie auch immer, wie soll dann bitte dieses Grundbedürfnis nach Zuneigung befriedigt werden. Also lass den Alten doch wenigstens die Illusion, zumal die Roboter-Robbe stubenrein ist, keine Keime oder Flöhe mitanschleppt und somit keine weiteren Problemfaktoren mit sich bringt.

Und ja, ich bin direkt, aber politisch korrektes Gelabere lag mir noch nie.
« Letzte Änderung: 06. Oktober 2011, 20:44:21 von Dottore »
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