Lachen - Prusten und kichern als sozialer Klebstoffvon Frank Eckhardt
"Unentwegt klopft der Zoobesucher gegen die Scheibe des Affengeheges. Doch der Gorilla auf der anderen Seite verzieht keine Miene. Erst als der junge Mann auch noch seine Nase gegen das Glas drückt, holt der Gorilla zum Schlag aus. Seine Faust kracht mit Wucht gegen die Scheibe - und er grinst genüsslich, als der Störer vor Schreck hintenüber fällt.
Affen haben offenbar Sinn für Humor; sie können grinsen, lächeln und lachen. Evolutionsforscher leiten aus dem Verhalten unserer nächsten Verwandten ab, wie der Mensch zum Lachen gekommen ist.
Erforscht wird das Lachen der Affen an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover. Professorin Elke Zimmermann und ihr Team untersuchen dort vor allem große Menschenaffen, also Orang-Utans, Gorillas, Schimpansen und Bonobos. Diese Arten, sagt die Biologin, lachen gar nicht so viel anders als Menschen: Die Mundwinkel sind zurückgezogen, der Mund ist geöffnet, zu hören sind hechelnde, Staccato-artige Geräusche.
Doch das Lachen muss evolutionär noch deutlich älter sein, meint Elke Zimmermann, denn es zeigt sich bereits bei Ratten. "Wenn man Ratten kitzelt, dann zeigen sie einen grinsenden Gesichtsausdruck. Dieses Grins-Gesicht ist ebenfalls mit einer Staccato-artigen Lautäußerung verbunden, die wir allerdings nur zum Teil hören, weil sie überwiegend im Ultraschallbereich liegt."
Affen lachen vor allem beim Spiel mit Artgenossen. Und diese Spiele können manchmal sehr wild sein - da wird gebissen, geschoben und gekämpft. In solchen Situationen hat das Lachen eine wichtige Funktion, erläutert die Biologin Dr. Marina Davila Ross, die in Hannover das Lachen der Affen erforscht hat. "Es ist ein Beschwichtigungssignal, das zeigt: Es handelt sich bloß um Spiel, ich will dir nicht wehtun. Je rauer das Spiel, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich in eine aggressive Interaktion umwandeln kann."
Aber es gibt aber auch harmlosere Situationen, in denen Affen lachen, zum Beispiel, wenn sie gekitzelt werden. Marina Davila Ross hat einmal mit einem dreijährigen Orang-Utan-Weibchen geklatscht. "Sie hat das nachgemacht und hat dabei gelacht." Und manchmal lachen Affen auch, wenn sie alleine mit etwas herumspielen, mit einem Eimer etwa oder einem Kartoffelsack. Dann ist das Lachen offenbar kein soziales Signal, sondern einfach ein Ausdruck von Freude.
Affen lachen leise und hechelnd, Menschen dagegen laut, kräftig und melodiös, manchmal sogar dröhnend. Dieser Unterschied lässt sich erklären, meint der Psychobiologe Matthew Gervais von der Binghamton Universität in den USA. Er erkennt darin eine Tendenz, die man auch bei Tieren beobachtet: Wichtige Signale werden im Laufe der Evolution immer deutlicher: "Das Haha-Lachen des Menschen ist leichter zu erkennen, leichter zu unterscheiden und besser in der Lage, andere Individuen anzustecken, als das rudimentäre Lachen der Affen."
Gervais meint, dass die laute Art zu lachen vor etwa zwei bis vier Millionen Jahren bei unseren Vorfahren entstanden ist. Damit einher ging vermutlich eine andere Neuentwicklung: Anders als bei den Affen lachten sich nicht nur zwei Individuen der Horde freundlich an, sondern die ganze Gruppe war beteiligt. Und das hatte - und hat immer noch - eine wesentliche Funktion, sagt Gervais: Lachen beeinflusst die Gefühle der anderen. "Wer spontan lacht, der empfindet Freude und Heiterkeit. Und weil das Lachen ansteckend ist, kann er in anderen die gleichen Gefühle hervorrufen. Nach meiner Ansicht ist das Lachen ein Medium für die spielerische emotionale Ansteckung."
Die gleiche Stimmung bei den Mitgliedern einer Gruppe stärkt deren Verbundenheit und Zusammenhalt und bringt damit der Gruppe wertvolle Vorteile. Weil das für unsere Vorfahren offenbar überlebenswichtig war, ist uns die Fähigkeit zu lachen angeboren. Das zeigt sich an blinden und tauben Menschen. Sie lachen genauso wie andere, obwohl sie Lachen nie gesehen oder gehört haben. Ebenso angeboren ist die Fähigkeit, uns vom Lachen der anderen anstecken zu lassen. Diese menschliche Eigenschaft wird zum Beispiel von Faschingssendungen im Fernsehen routinemäßig ausgenutzt. Sie finden vor Publikum statt, das den Fernsehzuschauer, der alleine vor der Mattscheibe sitzt, mit seinem Lachen anstecken soll.
Die Witze in der Bütt und das Lachen des Publikums sollen unser angeborenes Lach-Programm stimulieren und damit ein echtes, spontanes, gefühltes Lachen in uns auslösen. Wissenschaftler nennen es nach einem französischen Neurologen "Duchenne-Lachen". Davon zu unterschieden ist eine andere Art des menschlichen Lachens: jenes nämlich, das man bewusst einsetzen kann.
Bewusst eingesetztes Lachen wird einfach als "Nicht-Duchenne-Lachen" bezeichnet. Dieses gewollte Lachen entstand in der menschlichen Evolution als ein Nebenprodukt des Sprechens, meint Matthew Gervais: "Weil die Frühmenschen die Fähigkeit erlangten, zu sprechen und ihren Sprechapparat zu modulieren, erlangten sie auch die Fähigkeit, das echte Lachen zu imitieren. Heutzutage erfüllt es eine Vielzahl von Funktionen, zum Beispiel in der Konversation, als verlegenes, nervöses und aggressives Lachen. Das alles gehört offenbar zu dem imitierten Lachtyp.""
Quelle und weiter im Text:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wissen_und_bildung/aktuell/?em_cnt=1677809&em_cnt_page=2Guten Morgen, und ab in den Keller...
Thomas Beßen