Autor Thema: Pflegeassistentinnen, Pflegebegleiter, Begleiter für... erkrankte Menschen  (Gelesen 5339 mal)

Offline IKARUS

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Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
neben meiner Lehrtätigkeit und dem Erstellen von Pflegegutachten bleibt mir etwas Zeit für die wichtige Berufspolitik. Aus diesem Grunde möchte ich mit einem Thema - ich weis spontan nicht ob es schon mal angetippt wurde - ansprechen, das mir unter den Nägeln brennt.
Es geht um die "neuen Berufsbilder neben der Krankenpflege". Ich nenne hier stellvertretend die Pflegeassistenten und besonders die Alltagsbegleiter für dementiell erkrankte Menschen.
Aus berufspolitischen Gründen halte ich das für einen Rückschritt, denn "die 24-Tage-Schwester" hat es früher schon einmal gegeben. Die "neuen" und besonders verkürzten Ausbildungen versetzen meines Erachtens nach "die Neuen" nicht in die Lage Menschen pflegerisch qualifiziert zu begleiten. Haben sie doch meines Erachtens nach kein umfassendes Fachwissen, um auch oder besonders in Notfallsituationen adäquat zu handeln.
Ich erinnere mich spontan an "eine 24-Tage-Schwester", die mir sagte: wofür du 3 Jahre brauchst, schaffe ich in einem Monat. Hier sehe ich die Gefahr bei einigen "Neuen". Diese Selbstüberschätzung. Die Fehler werden dann auf die gesamte Berufsgruppe übertragen. Wir müssen die Suppe auslöffeln, die uns diese "Assistenten" und auch die Gesundheitspolitiker in den Teller einschütten. Können, wollen und müssen wir uns gegen Ausbildungsgänge unter drei [3] Jahre wehren, im Sinne unserer qualifizierten Arbeit und der wehrlosen Menschen [Patient und deren Angehörige].
Nun freue ich mich auf eine lebhafte Diskussion und Eure Anregungen für meine politische Arbeit. Denn Eure Gedanken möchte ich mit in die Parteiarbeit nehmen.
Fröhliche Grüße aus dem Ruhrgebiet,
Therapietänzer

Offline dino

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Hi, vorweg, ich bin ein Fan der 3-jährigen Ausbildung, wer möchte, kann danach eine Fachausbildung oder Studium draufsatteln. Ich bin aber auch Realist. Wir haben ein gedeckeltes Budget. Das heißt für mich die vorhandenen Gelder so sinnvoll als möglich aufzuteilen. Brauche ich nun eine Fachkraft mit einer 3.jährigen Ausbildung um Betten zu machen, Wäsche aus dem Wäschewagen zu räumen oder ähnliches? Aus dem Bereich der ambulanten Pflege sind mir seit mehreren Jahren ungelernte Kräfte bekannt. Sollte sich ein Träger entschließen Pflegeassisten einzusetzen müssen die Leitungen einen Tätigkeitskatalog erstellen und im Rahmen ihrer Dienstaufsicht auf dessen Einhaltung achten. Das Dargestellte stellt keine fachliche Verbesserung dar sondern geschieht aus Kostengründen.
Der "24Tage Schwester" kannst du einen schönen Gruß ausrichten und mitteilen das das Lernen erst nach dem bestandenem Examen so richtig anfängt. Die 24 Tage Kurse sind noch ein Relikt aus dem kalten Krieg. Sie wurden früher komplett vom BMI finanziert. Heute dürfen sie die Teilnehmer selber latzen.
VG
Dino

Offline Brady

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Wenn ich davon ausgehe, dass es genügend 3jährig ausgebildete Pflegekräfte gibt auf den Stationen, dann kann ich auch mit Pflegehelfer, bzw. Krankenpflegehelfer und Altenpflegehelferinnen arbeiten. Nur höre oder erlebe ich das garnicht darauf geachtet wird, insbesondere in Altenheimen ob genügend 3jährig Ausgebildete auf Station/Wohngruppe oder im Nachtdienst sind. Da wird nur nach dem Prozentsatz des gesamten Hauses geschaut und nicht im einzelnen Bereich.
Ich halte es für unverantwortlich gerade für dementiellerkrankte Menschen sogenannte Assistenten einzusetzen, für diese schwierige Aufgabe reicht kein Blitzkursus. Da tut man den Helfern keinen Gefallen und den Menschen auch nicht.
Diese Menschen sind meistens älter, multimorbid und mit ihrer Demenz brauchen sie mehr Verständnis, Geduld und Zuwendung. Unsere 3 jährige Ausbildung mit dem Hintergrund von Ethik, Wertschätzung und Krankheitsverständnis, uvm. vermittelt man nicht in 24 Tagen. Unsere Alten haben sowas nicht verdient.
Übergriffe auf alte Menschen kommen oft von Personal vor, dass sich nicht mit verwirrten alten Menschen auskennen; sie nehmen Übergriffe, die meist aus Angst entstehen persönlich und sind vollkommen überfordert. Gutes Fachwissen schützt das Personal und den Patienten.
Ich befürchte, dass mit solchen "Helfern" nochmal die Anzahl an 3jährig ausgebildeten Kräften reduziert wird und das darf nicht sein; sind wir doch jetzt schon unterqualifiziert (gefährliche Pflege) am arbeiten.

LG Brady

« Letzte Änderung: 19. Februar 2011, 00:18:49 von Brady »
Ich bin keine Schwester, ich bin eine Fachpflegekraft!

Offline dino

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Hi, Du kannst nicht davon ausgehen das diese Kräfte zusätzlich kommen, wenn, dann als Ersatz für Examinierte. Die Konsequenzen sind vorprogrammiert wenn die Dienstaufsicht nicht greift oder eine 1/1 Umsetzung erfolgt: Pflegefehler, Gewalt etc... Aber auch die Belastung für die Examinierten wird zunehmen, da (hoffentlich) zumindest 1 Fachkraft pro Schicht anwesend sein muss. Lass sie einmal krank werden, muss jemand aus dem Frei geholt werden. Je mehr Dienste geschrubbt werden, desto anfälliger wird man. Letztendlich ein Teufelskreis, der aber leider schon in privaten Einrichtungen zur Realität gehört.
LG
Dino
« Letzte Änderung: 19. Februar 2011, 09:14:21 von dino »

Offline Brady

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Hallo dino,

eben, aber es wird so schon praktiziert und nicht nur in privaten Einrichtungen. Wenn die PDL den Dienstplan so abnickt hat er erstmal die Verantwortung dafür. Aber wie sieht es dann in der Realität aus, wenn tatsächlich was passiert? Keine 3jährige Pflegekraft im Dienst oder nur eine.
Ich habe dann die Befürchtung wir stehen alle mit einem Bein im Knast. Wir hätten dann sagen müssen, "Ich kann die Verantwortung so nicht tragen", aber wer macht dies? Jeder braucht  seine Arbeit und es findet sich immer einer, der allem zustimmt.

Traurige Grüße Brady
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Offline dino

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Hi, auch die PDL braucht ihren Job. Wenn der Träger sagt so isses, ist einmal Röhre gucken angesagt. Wenn was passiert gibt es ja noch das individuelle Fehlverhalten. Wir hatten doch erst kürzlich hier die Diskussion wegen einer verunglückten Blasenspülung in einer Klinik. Ich bin mal gespannt wie das ausgeht. Wir brauchen klare gesetzliche Vorgaben über eine Mindestbesetzung mit Fachpersonal die auch von den Kostenträgern übernommen wird. Letztendlich werden die Krankenhauaträger durch Politik und Kostenträger zu diesen Sparmassnahmen gedrängt. Aber wir wissen auch das eine formelle Qualifikation nicht unbedingt einer fachlichen Qualifikation gleichzusetzen ist. Nicht in jeder Klinik gibt es Pflichtfortbildungen oder werden Mitarbeiter/innen zu Fortbildungen ermuntert. Eine hohe Fluktuation trägt auch nicht zur Qualität bei. Aber da ich letztlich eine positive Lebenseinstellung habe sage ich erstmal Kopf hoch, es gibt Länder wo es schlimmer ist. Zum Beispiel im nahen Osten, in Brandenburg :-D Zur Zeit sind wir auf einer Talfahrt, die tiefste Stelle ist noch nicht erreicht, aber es wird auch wieder aufwärts gehen. Allerdings müssen dann Einige von uns sich von ihrem Job trennen und sich nur noch um Berufspolitik kümmern.
Dazu passt noch folgendes von einer RD Fortbildung: Geht man ans Notruflelefon meldet man sich mit Notruf, guten Tag. Nicht mit schönen guten Tag. Wenn man den Notruf wählen muss ist der Tag nicht schön, aber er kann noch gut enden.
LG
Dino
« Letzte Änderung: 19. Februar 2011, 19:35:14 von dino »

Offline dino

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Und hier nochmal die Gründe warum wir uns mit diesem Thema befassen müssen. https://gesundheit-soziales.verdi.de/branchenpolitik/krankenhaeuser/krankenhaustagung-2010
VG
Dino
PS Auf der dortigen HP kann man auch einen Mitgliedsantrag ausdrucken
« Letzte Änderung: 20. Februar 2011, 10:45:16 von dino »