Autor Thema: Medizinische Versorgung: Jeder kriegt, was er braucht. Von wegen!  (Gelesen 2942 mal)

Offline Thomas Beßen

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"Rationierung heißt das Tabuwort, das Politiker und Krankenkassen meiden. Dabei bekommt in Praxen und Kliniken längst nicht jeder alles, was hilft. Viele Ärzte haben Patienten nützliche Behandlung schon vorenthalten, weil sie zu teuer war.

Manchmal bleiben nur Sekunden: „Wenn ein Patient in einem sehr schlechten Zustand eingeliefert wird und eine Herz-OP seine letzte Chance ist, müssen wir uns sofort entscheiden, ob wir ihn annehmen oder nicht“, sagt die Abteilungsleiterin der Herzchirurgie einer großen Klinik. Und es kommt vor, dass sie nein sagen muss, weil die Zeit oder das Geld fehlt, diese Operation zu machen. „OP-Kapazitäten oder teure Medikamente stehen nicht für alle unbegrenzt zur Verfügung. Das ist ein Problem, wird aber so nicht ausgesprochen“, kritisiert die 40-jährige Herzchirurgin. Ihren Namen möchte sie nicht nennen, denn das Thema ist in den meisten Kliniken und Arztpraxen noch immer ein Tabu: Rationierung.

Die Betten auf der Intensivstation sind rar, das Budget setzt Grenzen für teure Medikamente – entgegen den Behauptungen von Krankenkassen und Politik bekommt nicht jeder Patient alles. Weil aber die Auseinandersetzung darüber, wer behandelt wird und wer nicht, hochsensibel, ethisch kompliziert und emotionalisiert ist, scheuen sich die Verantwortlichen, das Wort Rationierung auch nur auszusprechen. Wo aber explizite Vorgaben fehlen, wie lange ein todkranker Patient behandelt wird, wer die teuersten Medikamente bekommt und wer nicht, müssen die Ärzte heimlich ihre Leistung begrenzen, also implizit rationieren. Das beklagt auch der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe: „Der Rationierungsdruck in der täglichen ärztlichen Praxis wird größer.“

Über drei Viertel der Ärzte haben Patienten nützliche Behandlung schon einmal vorenthalten, weil sie zu teuer war. Das ergab eine repräsentative Befragung von Intensiv- und Herzmedizinern (s. Grafik). „Was da teilweise unter der Decke passiert, ist einigermaßen skandalös“, sagt der Jurist Stefan Huster von der Universität Bochum. Mit dem Essener Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem und dem Medizinethiker Georg Marckmann aus Tübingen hat Huster das Rechtsproblem der impliziten Rationierung untersucht. ..."


Der vollständige Artikel von Carola Sonnet, den ich heute in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gelesen habe, steht hier im Netz: http://www.faz.net/s/Rub0E9EEF84AC1E4A389A8DC6C23161FE44/Doc~E911EB12F265347108AC918E6A674C54D~ATpl~Ecommon~Scontent.html.

Schönen Sonntag noch!
Thomas Beßen


Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.