Infektionen - Risikofaktor Krankenhaus

[Thomas Beßen]

"Das Risiko, bei Krankenhaus-Aufenthalten Opfer von Kunstfehlern oder anderen ungewollten medizinischen Zwischenfällen zu werden, ist weitaus größer als gemeinhin angenommen. Wie die EU-Kommission gestern in Brüssel mitteilte, läuft bei etwa jeder zehnten Klinik-Behandlung in Europa etwas schief. Besonders häufig sind Infektionen: Den Angaben zufolge stecken sich EU-weit jedes Jahr mehr als vier Millionen Menschen im Krankenhaus mit Erregern an, das entspricht etwa jedem 20. Patienten. Sehr oft handelt es sich dabei um Infektionen der Harnwege oder des Atemsystems.

Geschätzte 37 000 Todesfälle pro Jahr seien EU-weit auf direkte Krankenhaus-Infektionen zurückzuführen, sagte Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou. In etwa 110 000 Fällen trage eine Infektion zumindest zum Tod des Patienten bei. "Diese Zahlen können wir nicht länger hinnehmen", sagte die Zyprerin. Die Leidtragenden seien nicht nur die Patienten selbst, sondern auch ihre Familien.

Zu den häufigsten Zwischenfällen in Kliniken gehören außerdem unkorrekte oder verzögerte Diagnosen, eine falsche Behandlung mit Medikamenten oder chirurgische Fehler. Zum Teil operierten Ärzte die falschen Körperteile oder sogar die falschen Personen, beklagte die Kommissarin.

Allein durch die Krankenhausinfektionen entstehen den nationalen Gesundheitssystemen nach Berechnungen der EU-Behörde Mehrkosten in Höhe von mindestens 5,5 Milliarden Euro pro Jahr. An die Mitgliedstaaten appellierte Vassiliou, mehr für die Sicherheit der Patienten zu tun. Den meisten Zwischenfällen lägen systemische oder organisatorische Mängel in den Kliniken zu Grunde. Notwendig sei es daher, die Berichterstattung an die Behörden zu verbessern, mehr für die Aus- und Fortbildung des Personals zu tun und auch die Patienten besser zu informieren.

"Ich würde gerne ein Europa sehen, in dem die Patientensicherheit Vorrang hat", sagte die Kommissarin. Sie kann allerdings nur unverbindliche Empfehlungen an die EU-Mitgliedstaaten aussprechen. Was diese davon umsetzen, entscheiden sie selbst."

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Thomas Beßen

Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1646251_Risikofaktor-Krankenhaus.html