Autor Thema: "Heilende Stammzellen"  (Gelesen 4441 mal)

Offline Thomas Beßen

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"Heilende Stammzellen"
« am: 18. Juli 2008, 07:32:17 »
so steht's heute in der Frankfurter Rundschau, ein höchst interessanter Bericht:

"Forscher sieht Wissenschaft nahe am Ziel
VON PETER SPORK

Alleskönner, Hoffnungsträger: Solche Begriffe tauchen immer wieder auf, wenn es um Stammzellen geht. Gebetsmühlenartig wiederholen Medien und Forscher die Liste von Krankheiten, die einst mit den unscheinbaren, mikroskopisch kleinen Zellen therapiert werden sollen: Diabetes, Parkinson oder Alzheimer darunter, Herzinsuffizienz und Querschnittslähmung. Doch die Umsetzung lässt auf sich warten - obwohl sie nach den früheren Prognosen von Experten wie US-Stammzellforscher Ron McKay längst erprobt werden müsste.

Jetzt kommt Bewegung in die Sache. Diesen Eindruck vermittelte Rudolf Jaenisch, einer der bekanntesten deutschen Genetiker, der am renommierten Whitehead Institute in Boston, USA, forscht, auf dem Genetik-Kongress in Berlin. "Wir wissen inzwischen, dass die Stammzelltherapie prinzipiell funktioniert", sagte er dort.

Weil Stammzellen sich noch nicht zu fertigem Gewebe entwi-ckelt haben, steckt in ihnen,anders als bei anderen Körperzellen, das Potenzial, sich in viele verschiedene Zelltypen zu verwandeln. Einem Jungbrunnen gleich könnten sie theoretisch überall dort für gesunden Ersatz sorgen, wo kranke Zellen zugrunde gehen. Für Patienten mit Diabetes wollen Forscher aus ihnen neue, den Blutzuckerspiegel regulierende, Insulin ausschüttende Zellen züchten und in die Bauchspeicheldrüse einpflanzen. Für Menschen mit Parkinson wollen sie neue Nervenzellen heranziehen, die den Botenstoff Dopamin erzeugen, um die im Gehirn absterbenden Zellen gleichen Typs zu ersetzen. Und bei Querschnittsgelähmten wollen sie mit neuen Nerven das Rückenmark überbrücken.

Doch was vom Konzept her so überzeugend klingt, ist ungleich komplizierter als viele anfangs dachten. Damit das Immunsystem des Empfängers das Ersatzgewebe nicht abstößt, sollten die Stammzellen aus denen es gezüchtet wurde, mit ihm genetisch iden-tisch sein. Das gelang bis vor kurzem aber nur mit so genannten embryonalen Stammzellen - eine Methode, die ethisch hochproblematisch ist und auch wegen zahlreicher technischer Probleme nicht für den Einsatz taugt.

Vergangenes Jahr ließen dann mehrere Teams von Genetikern aufhorchen, weil es ihnen gelungen war, Körperzellen mit Hilfe von vier eingeschleusten Genen zu Zellen zurückzuprogrammieren, die nahezu die gleichen Eigenschaften haben wie embryonale Stammzellen. "Das ist die einzige realistische Option, die wir haben", sagt Jaenisch.

Zunächst testeten er und sein Team den Trick erfolgreich bei Mauszellen, und im November stellten zeitgleich eine US-amerikanische und eine japanische Gruppe die ersten menschlichen induzierten pluripotenten Stammzellen vor. Pluripotenz heißt, sie können sich theoretisch in jede der 200 verschiedenen Körperzellen entwickeln. Induziert werden sie genannt, weil sie künstlich in den embryoähnlichen Zustand zurückversetzt wurden. In Berlin präsentierte Jaenisch Experimente aus seinen Labors, bei denen die pluripotenten Mauszellen zur Behandlung kranker Tiere eingesetzt wurden.

Im einen Fall ließen sie die Zellen sich ein Stück weit in Rich-tung Gehirnzelle entwickeln, bevor sie sie in das Gehirn junger Mäuse einpflanzten. Dort verwandelten sie sich tatsächlich in die erwünschten Zelltypen und wurden sinnvoll eingebaut. Einige Zellen reiften im Reagenzglas bis zu den Dopamin produzierenden Zellen, die bei Parkinson-Patienten massenhaft sterben. Diese pflanzten die Forscher in das Gehirn von fünf parkinsonkranken Ratten. Tatsächlich besserte sich der Zustand von vier Tieren binnen vier Wochen deutlich (Pnas, Bd. 105).

Im anderen Modellversuch behandelten die Forscher Mäuse, die wegen eines krankhaft veränderten Gens zum Teil missgebildete rote Blutkörperchen hatten, ähnlich wie es bei Menschen mit Sichelzellenanämie ist. Zunächst entnahmen sie Zellen aus dem Schwanz der Mäuse und reprogrammierten sie zu induzierten pluripotenten Stammzellen. In diesen ersetzten sie das fehlerhafte Gen durch ein korrektes und ließen sie zu Vorläufern von Blutzellen reifen. Die pflanzten sie in das zuvor vollständig mit Hilfe von Bestrahlung zerstörte Knochenmark dreier Tiere ein. Dort sollten sie nun gesunde Blutkörperchen bildeten. Das machte die Mäuse zwar nicht schlagartig gesund, da sie auch noch Blutstammzellen mit dem fehlerhaften Gen besaßen, aber ihr Zustand besserte sich deutlich (Science, Bd. 318).

"Mit dieser Methode könnten wir theoretisch alle möglichen Arten von Knochenmarkskrankheiten behandeln", sagt Jaenisch. Das therapeutische Potenzial der neuen Stammzell-Art sei genauso groß wie das der ethisch umstrittenen embryonalen Vetter.

Bevor Forscher die Methoden auch beim Menschen testen können, müssen sie aber noch ein großes Problem lösen. Die Gene, die sie für die Reprogrammierung einpflanzen müssen, lösen in vielen Fällen Krebs aus. Stammzellforscher in aller Welt suchen deshalb nach Wegen, Zellen auch ohne diese Gene in den potenten Zustand zurückzuversetzen. Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für Molekulare Biomedizin in Münster und andere Forscher haben bereits Körperzellen gefunden, bei denen nur zwei oder sogar gar keine zusätzlichen Gene nötig sind, weil sie in den Zellen auf natürlichem Wege noch aktiv sind. Sie sind für den therapeutischen Einsatz allerdings auch noch nicht geeignet.

Dennoch urteilt Rudolf Jaenisch: "Das Problem der Reprogrammierung ist im Grunde gelöst." In absehbarer Zeit habe man das Prinzip des Verfahrens vermutlich so gut verstanden, dass man geeignete Körperzellen auch ohne Gentechnik in Stammzellen verwandeln könne - allein mit einem Mix verschiedener, von außen zugeführter Substanzen. Dann müssten die Forscher nur noch herausbekommen, wie, in welche Richtung und wie weit sie die Stammzellen vor dem Zurückpflanzen in den Körper des Patienten am besten ausdifferenzieren, damit die Heilungschance am größten und das Krebsrisiko am kleinsten seien, sagt Jaenisch."

Frühe Grüße!
Thomas Beßen
Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline Thomas Beßen

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Re: "Heilende Stammzellen"
« Antwort #1 am: 03. Dezember 2008, 07:30:13 »
Hirn mit Stammzellen wieder aufgefrischt

„Forscher heben möglicherweise einen Durchbruch bei der Behandlung von Schlaganfall-Patienten mit Gehirnblutungen erreicht. Am International Neuroscience Institute in Hannover sei es Medizinern weltweit erstmals gelungen, einem Patienten regeneratives Stammzellenmaterial in das Gehirn einzupflanzen, sagte Studienleiter und Neurochirurg Thomas Brinker in Hannover. Die Stammzellen waren vorher gentechnisch so verändert worden, dass sie geschädigte Hirnareale durch die Produktion bestimmter Wirkstoffe wiederherstellen können. Der 49 Jahre alte Patient litt unter Lähmungen. Eine Woche nach dem Eingriff habe sich seine Situation „um gefühlte 95 Prozent“ verbessert, gab er an.““

So heute in der gleichen Zeitung...
Winterliche Grüße!
Thomas Beßen
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