Autor Thema: Pflege: Lohnende Leiharbeit? | TV-Tipp  (Gelesen 3166 mal)

Offline Thomas Beßen

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Pflege: Lohnende Leiharbeit? | TV-Tipp
« am: 06. Juni 2019, 05:48:00 »
"Mehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen - für Pflegekräfte kann sich der Wechsel zu Leiharbeitsfirmen lohnen. Mit Folgen für das Gesundheitssystem und die festangestellten Kollegen."

>>> https://www.ardmediathek.de/daserste/player/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3BsdXNtaW51cy85NWU0ZWVlYi1kNjA5LTQ1M2MtOGVkNy1mY2QzNDUyNjZiZGQ/pflege-lohnende-leiharbeit
oder "plus-minus vom 5. Juni 2019" bei Google eingeben...

Guten Morgen!
Thomas Beßen
Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline IKARUS

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Re: Pflege: Lohnende Leiharbeit? | TV-Tipp
« Antwort #1 am: 06. Juni 2019, 07:21:12 »
Den Film hätte man auch 20 Jahre früher drehen können. Was hat sich geändert, außer dass das Problem schärfer geworden ist. Für diese Entwicklung sind nicht die Kollegen am Krankenbett verantwortlich, sondern die "Pflegeelite", die wie so viele BWLer das so mitgesteuert haben. Wo haben die ÖTV/ver.di und die Berufsverbände darauf deutlich hingewiesen? Es ging und geht doch nur um Ökonomie! Es wurde immer gesagt: "Der Mitarbeiter ist unser höchstes Gut" , aber wie wurde und wird mit dem Mitarbeiter umgegangen? Wo stellt sich im Krankenhaus das Management vor das hauseigene Personal, damit dies nicht seelisch und körperlich erkrankt? 

Herr Prof. Isfort hat recht, wenn er sagt: "Die Politik sagt: Ihr könnt so viel wie möglich einstellen, wenn doch klar ist, dass nicht genügend Fachpflegepersonal vorhanden ist."
Grüße aus dem Ruhrgebiet, Michael Günnewig

Offline dino

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Re: Pflege: Lohnende Leiharbeit? | TV-Tipp
« Antwort #2 am: 06. Juni 2019, 09:17:31 »
Ich denke, dieses Thema muss sehr differenziert und ohne Feindbilder betrachtet werden. Wie war denn so vor 20 - 25 Jahren die Krankenhauslandschaft. Waren denn wirklich alle Belegkliniken/Belegbetten sinnvoll. Wieviel , nur als Beispiel, Tonsillen OP`s wären mit Antibiose händelbar gewesen? Wieviel HI/Stroke Patienten hätten eventuell überlebt wenn sie in die richtige Zielklinik gekommen wären. Wieviel Langzeitschäden bei Polytraumen wären nicht entstanden bei adäquater klinischer Versorgung? Diese Zeilen stellen keine Anklage dar, sie geben nur die damalige Realität wieder. Man kannte es nicht anders. Auf den Stationen liefen jede Menge Weisskittel rum. Die Ärzte waren begeistert über die Möglichkeiten der Schlüssellochchirurgie (leider vergaßen sie über die Begeisterung hinaus das die Schlüssellochchirurgie die Liegezeiten verkürzt und die "Liegepläne" ad acta legte), und die Pflege jubelte sich in die Bezugspflege hinein (ohne zu bemerken das weniger Betten auf den Stationen gleich weniger Pflegepersonal bedeutete. Die beiden Berufsverbänden (Ärzte/Pflege) ist gemeinsam das sie ebenfalls im Tagesgeschäft verweilten, ebenso die Gewerkschaften. Die dramatische Entwicklung des politisch gesteuerten Kaputtsparens konnte nicht vorausgesehen werden. Primär verantwortlich hierfür sind Politik und als Handlanger die Kassen. Die Häuser hatten keine Möglichkeit sich zu wehren. Aber, um dies besser zu verstehen, müssen wir über den Tellerrand blicken. Schaut Euch die Bundeswehr an. Kaputt gespart. Die Berufsfeuerwehren, exemplarisch Berlin. Die Städte sind gewachsen, die es mussten neue Wachen her. Nur, es wurden Stellen eingespart. Das Minimum sind 6 Mann auf dem Erstangreifer und 2 Mann auf der Drehleiter. In Berlin kommt heute die zuständige Leiter oft von einer (weiter entfernten)Nachbarwache, weil nicht besetzt. Schaut Euch die Banken an. Durch die Geldautomaten wurden zwar zig Filialen eingespart, oder eben nur temporär besetzt, und für ein vernünftiges Beratungsgespräch fährst Du entsprechend. Und natürlich gibt es heute weniger Berater als "früher". Grob gesagt kann man feststellen das es in der ganzen Gesellschaft zu einer Arbeitsverdichtung gekommen ist. Der öffentliche Dienst, egal welche Berufsgruppe, wurde ausgeblutet (öffentlicher Dienst ist ein reiner Dienstleister und kostet Geld).
Ich sehe Leiharbeit durchaus kritisch. Aber, ich bin auch froh das es sie gibt, unabhängig von der Entwicklung. Mittel- bis längerfristige Ausfälle können nur durch Leiharbeit kompensiert werden. Adhoc Ausfälle muss eine Klinik, wie eh und je, mit eigenen, individuell gestrickten Konzepten, kompensieren. Leiharbeit soll nur überbrücken und kein Dauerzustand sein. Bei Leiharbeitern fehlt einfach die Bindung an die Klinik, ebenso hat jede Einrichtung andere Abläufe. Die dringlichste Massnahme besteht ersteinmal darin, junge Leute für den Job zu begeistern. Dies könnte, z. B., an Präsentationstagen in allgemeinbildenden Schulen geschehen. Dann müsste die Ausbildungskapazitäten erhöht sowie die Infrastrukturen der Schulen gestärkt werden. Für seelische und/oder somatische Erkrankungen sind nicht zwangsläufig der Beruf oder die Situation verantwortlich. Wir haben es zwangsläufig mit Leid, Tod und Sterben zu tun. Das hält nicht jeder aus, bzw ist nicht jedermanns Sache. Kommen wir zur Somatik, wie oft werden z. B. vom PP Hebehilfen nicht angewendet weil es doch auch Anders geht?
Nein, ich bin kein Kapitalist und kein BWLer. Es wird Jahre dauern (falls keine irgendwie geartete Krise erscheint) bis wir personell "restrukturiert" sind.
VG
dino
« Letzte Änderung: 06. Juni 2019, 09:20:01 von dino »