Das stand gestern zum Thema in der Frankfurter Rundschau:
"Gesundheit
Streik-Gefahr in Kliniken
von Michael Bergius
Berlin. In deutschen Kliniken kündigen sich neue Streiks an. Ein ungewöhnlich breites Bündnis aus Ärzten, Gewerkschaften, kommunalen Arbeitgebern und Pflegekräften rief am Mittwoch zur "Rettung der Krankenhäuser" auf und kritisierte die Politik scharf.
"Das Maß ist voll", betonte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Rudolf Kösters: "Wir gehen jetzt auf die Straße." Für den 25. September ist eine Großdemonstration vor dem Brandenburger Tor in Berlin* geplant. An diesem Tag wollen die meisten Hospitäler nur eine Notfallbesetzung anbieten.
Ein "Spar-Diktat" der Politik sowie Mehrausgaben wegen steigender Energiekosten und höherer Tarifabschlüsse hätten den Sektor an den Rand des Ruins getrieben, beklagte Kösters. Mittlerweile schreibe fast ein Drittel aller rund 2100 Krankenhäuser rote Zahlen. Die Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), warnte davor, Kliniken "ausbluten" zu lassen.
Ärztekammer-Vize Frank Ulrich Montgomery kritisierte, das Anfang der 90er Jahre eingeführte System der Budget-Deckelung für die Kliniken sei "für die Zukunftssicherung untauglich" geworden. Die vom Gesetzgeber festgelegten Beschränkungen lassen den Kliniken nach Darstellung des Aktionsbündnisses "null Chance", auf zahlreiche Kostensteigerungen zu reagieren. Damit werde die Versorgung der Patienten gefährdet, warnte Montgomery.
Die Proteste kommen nicht zufällig. Seit Monaten wird um die künftige Finanzierung der Kliniken gerungen - sowohl innerhalb der großen Koalition als auch mit den Ländern. Letztere werden dafür kritisiert, dass sie sich immer mehr aus ihrer Finanzierungsverpflichtung für die Krankenhäuser zurückzögen. Die Krankenkassen bezichtigen die Länder, sie hätten ihre Investitionen in die Kliniken systematisch gekappt: von 3,9 Milliarden Euro im Jahr 1993 auf 2,7 Milliarden 2006. Die Spitzenverbände der Kassen werfen aber auch der Krankenhaus-Lobby vor, ihre "Finanznot" übertrieben darzustellen und "einseitige", undifferenzierte Daten zu verwenden. Es gebe viele Beispiele dafür, dass gut geführte Hospitäler auch wirtschaftlich arbeiten könnten.
Eine rege Diskussion haben auch jüngste Ankündigungen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) ausgelöst. Wenn Schmidt Milliardensummen für die Einstellung tausender neuer Pflegekräfte verspreche, müsse sie auch sagen, wo das Geld herkommen solle, mahnen die Kassen. Der Chef der DienstleistungsgewerkschaftVerdi, Frank Bsirske, hatte dazu gestern ein Rezept parat: Zur Notrettung der Krankenhäuser sollten die Beitragssätze zur gesetzlichen Krankenversicherung um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte angehoben werden.“
Schönes Wochenende!
Thomas Beßen
* s. auch Aufruf von Ver.di im letzten Beitrag oben