Autor Thema: "Burnout gibt es gar nicht"  (Gelesen 3422 mal)

Offline IKARUS

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"Burnout gibt es gar nicht"
« am: 17. September 2012, 12:44:47 »
"Burnout gibt es gar nicht"sagt ein Experte und das ist nachzulesen auf der Internetseite von t-online.de
Haben es nicht schon viele gesagt, dass Burnout "nur" eine Modeerscheinung ist.
In seiner Serie "Quarks und Co" sagte (2009) Ranga Yogeshwar zu diesem Kranknheitsbild: "die Krankheit der Engagierten"  Er meinte dies sicherlich nicht gegen die depressiv Kranken gerichtet.
In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass in regelmäßigen Abständen "für alte Schläuche" neue Begriffe gesucht und gefunden werden (müssen!).
Neben der Namensgebung für ein Krankheitsbild steht auch die Ursache und deren Behandlung. Das Erkennen der Ursache ist das Ziel nicht ein toll klingender Name. Ich habe die Erfahrung machen können, dass Betroffene die aus ihrem Tal heraus wollen, sich darum bemühen die Ursachen zu erkennen (selbstverständlich auch mit qualifizierter Hilfe!!), um sie gegebenenfalls zu vermeiden oder andere Weg zu suchen, die zum gewünschten Ziel führen. Mir ist wohl klar, dass es nicht jedem depressiv erkrankenten Mensch4en gegeben ist, auch mit Hilfe aus dem Tal zu kommen. Das hat dann nichts mit der Krankenheit zu tun sondern mit Anlagen die der Erkrankte in sich trägt. Hier ist die Behandlung und Begleitung solch erkrankter Menschen deutlich aufwändiger als bei denen die es bereits in ihrer Kindheit gelernt haben ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen.

Stressfreie Grüße, IKARUS

Offline dino

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Re: "Burnout gibt es gar nicht"
« Antwort #1 am: 17. September 2012, 22:45:03 »
Wahrscheinlich hat jeder von uns schon mal ein burn out oder wie man es auch sonst nennen will gehabt. Ich komme gerade von einer 4 Stunden Übung, hab mit einem Kameraden 20 Minuten reanimiert, dann 4 realistisch geschminkte Verletzte in einem Bus erstversorgt, unseren Behandlungsplatz wieder mit abgebaut. Danach ein paar alte Kumpels wieder getroffen und bin mit dem Abend voll zufrieden. Ein kollege, hauptberuflich bei der BF und auf dem RTH, fgagte mich ob ich im Winter für seine Leute bei der FF ein Rea Training machen könnt. Was will man mehr?
Viele Grüße     dino

Offline Thomas Beßen

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Re: "Burnout gibt es gar nicht"
« Antwort #2 am: 18. September 2012, 05:09:13 »
- siehe auch http://www.fr-online.de/wissenschaft/burn-out-und-depressionen--die-diagnose-burn-out-gibt-es-nicht-,1472788,11282272.html:

"Experten streiten darüber, ob das Ausgebranntsein nur ein Modewort ist, denn dahinter steckt eigentlich eine Depression.

Alle sprechen über Burn-out. Ralf Rangnick schmeißt deswegen seinen Trainerjob hin. Rosenstolz-Sänger Peter Plate sagt Konzerte ab und Miriam Meckel schreibt über ihr Ausbrennen ein Buch. Fachleute diskutieren dagegen darüber, ob das sogenannte Burn-out-Syndrom überhaupt eine eigenständige Krankheit ist. „Es gibt keine Diagnose Burn-out“, sagt Ulrich Hegerl, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Uniklinikum Leipzig. „Der Großteil der Prominenten, die derzeit unter Burn-out laufen, erfüllen die Diagnosekriterien einer Depression.“

Tatsächlich ist der Begriff Burn-out im ICD-10, dem Klassifikationskatalog der Weltgesundheitsorganisation (WHO), nicht als anerkannten Krankheit definiert. Er steht unter der Ziffer Z 73.0 im letzten Kapitel: „Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen.“ Nach dieser Einstufung ist Burn-out eine Rahmen- oder Zusatzdiagnose und keine voll anerkannte Krankheit.

Ärzte weichen deshalb bei ihrer Diagnose häufig auf psychische Krankheiten wie Depressionen oder Anpassungsstörungen aus. So konnten deutsche Krankenkassen zwar auch für dieses Jahr wieder einen Anstieg der psychischen Krankheiten verzeichnen. Zwölf Prozent aller Fehltage sind darauf zurückzuführen. Doch wie viele tatsächlich wegen eines Burn-outs ausfallen, ist schwer zu sagen.„Burn-out ist immer eine Erschöpfungsdepression“, meint Wolfgang Merkle, Chefarzt der psychosomatischen Klinik des Hospital zum heiligen Geist in Frankfurt am Main. Aber nicht jede Erschöpfungsdepression sei auch ein Burn-out. Der sei in erster Linie durch die Situation am Arbeitsplatz entstanden. „Man kann nicht leugnen, dass sich die Berufswelt grundlegend gewandelt hat“, sagt der Psychosomatiker. In den vergangenen Jahren habe die Zahl der Patienten, die deshalb zu ihm in die Klinik kommen, klar zugenommen. Zeitdruck, Arbeitsverdichtung und fehlende Anerkennung – sowohl in finanzieller als auch in persönlicher Form – hätten sie in die Erschöpfungsdepression geführt. ..."


Guten Morgen!
Thomas Beßen

Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline Brady

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Re: "Burnout gibt es gar nicht"
« Antwort #3 am: 18. September 2012, 08:34:11 »
Hallo zusammen,

ich möchte gerne zu dieserm Thema was über unseren Beruf in der Pflege schreiben.
Burn-out kommt in helfenden Berufen vor, in denen der Umgang mit Menschen an zentraler Stelle steht, wie in Pflegeberufen, in der Sozialarbeit oder in Lehrberufen. Wie beim Helfersyndrom steht am Anfang des Burn-out ein starkes Überengagement für den Beruf.

Begriff:

        Bourn-out (Ausbrennen, Sich-Verausgaben) ist nach Maslach und Jackson ein Syndrom der....
  * ...emotionalen Erschöpfung (Gefühl des Ausgelaugtseins und emotionale Überanstrengung infolge des Kontakts mit   
        Mernschen
  * ...Depersonalisierung (gefühlslose und abgestumpfte Reaktion auf Menschen) und
  * ...reduzierten persönlichen Leistungsfähigkeit (Abnahme des Kompetenz- und Erfolgsgefühls)
        (Aries/Zuppinger, 1993).

In einer Studie an 510 zufällig ausgewählten schottischen Psychiatriepflegenden fanden die Forschenden (Kilfedder et al., 2001 niedrigere Burn-out-Raten. Nur 2 % hatten ein hohes Burn-out, was unter dem Durchschnitt anderer Berufe liegt.

Wer an Depersonalisierung leidet, ist jünger und als Pflegende weniger lang qualifiziert. Interessanterweise gibt es einen Zusammenhang zwischen der reduziertern Leistungsfähigkeit und dem längeren Wirken im Beruf. Nicht überraschend ist der Befund, dass Pflegende mit emotionaler Erschöpfung Symptome wie physische und psychische Beschwerden sowie der Neigung zu Affektstörungen oder zu vermehrten Stress ausserhalb des Berufslebens aufweisen.

Personen mit hohem Erfolgsgefühl haben eine positivere Grundstimmung, mehr Kontrolle am Arbeitsplatz, mehr Verständnis für Vorgänge bei der Arbeit und verfügen über bessere Bewältigungsstrategien (Kilfedder et al., 2001).

Die Autoren einer bundesweiten Studie (Demerouti et al., 200) konnten nachweisen, dass Burn-out nicht nur mit der helfenden Person, sondern auch mit Merkmalen der Arbeitsumgebung zusammenhängt Hohe Anforderungen am Arbeitsplatz können zu Erschöpfung und fehlende Ressourcen zu Disengagement führen (Deerouti et al., 2000).

Quelle: Lehrbuch Psychiatrische Pflege 3., vollständig überarbeitet und erweiterte Auflage 2011

Gruß Brady
« Letzte Änderung: 18. September 2012, 08:37:05 von Brady »
Ich bin keine Schwester, ich bin eine Fachpflegekraft!

Offline IKARUS

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Re: "Burnout gibt es gar nicht"
« Antwort #4 am: 19. September 2012, 04:18:21 »
Hallo Brady, kannst du mir bitte folgenden Passage deines Textes näher erläutern?

"Wer an Depersonalisierung leidet, ist jünger und als Pflegende weniger lang qualifiziert. Interessanterweise gibt es einen Zusammenhang zwischen der reduziertern Leistungsfähigkeit und dem längeren Wirken im Beruf. Nicht überraschend ist der Befund, dass Pflegende mit emotionaler Erschöpfung Symptome wie physische und psychische Beschwerden sowie der Neigung zu Affektstörungen oder zu vermehrten Stress ausserhalb des Berufslebens aufweisen. "

Ich lese oft dieses Passage und kann mir keinen Reim darauf machen.
Ich verstehe schon, dass man, wenn man sich nicht auf sich aufpasst abstumpfen kann und gefühllos wird.
Was bedeutet jünger und weniger qualifiziert in diesem Zusammenhang?
Menschen die viel Erfolg haben, haben oft eine umfassendere Aus-Bildung und somit auch Strategien mit alltäglichen Herausforderungen umzugehen. Da geht vieles Hand in Hand, was sich Menschen aus bildungsfernen Bevölkerungsgruppen nicht vorstellen können.

Mir ging es bei der Vorstellung des Themas darum, dass verschiedene Wissenschaftler zu mitunter sehr unterschiedlichen Aussagen kommen. Spannend bleibt da die Frage: wer hat Recht?

Bleibt mir noch die Frage nach einem weiteren Aussage/Zitat: "* ...reduzierten persönlichen Leistungsfähigkeit (Abnahme des Kompetenz- und Erfolgsgefühls [Aries/Zuppinger, 1993]."

Ist die Kompetenz futsch oder ist sie "nur" nicht abrufbar, weil der Betroffenen in sich gefangen ist?

Freundliche kollegiale Grüße, IKARUS