Autor Thema: AWO-Pflegeskandal weitet sich aus  (Gelesen 5452 mal)

Offline Thomas Beßen

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AWO-Pflegeskandal weitet sich aus
« am: 22. Juni 2012, 06:36:30 »
"Der Skandal um die mögliche Misshandlung von Patienten in einem Elversberger Seniorenheim weitet sich aus. Zwei ehemalige Vorgesetzte der verdächtigten Pfleger wurden vom Dienst suspendiert. Bereits im Februar soll es Hinweise auf Misshandlungen gegeben haben. ..."

Quelle & mehr: http://www.sr-online.de/nachrichten/1668/1439895.html

Siehe auch: http://www.sr-online.de/nachrichten/1668/1437952.html
Höre auch: http://sr-mediathek.sr-online.de/beitrag_Audio.php?id=12575

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Thomas Beßen
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Offline IKARUS

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Re: AWO-Pflegeskandal weitet sich aus
« Antwort #1 am: 22. Juni 2012, 10:16:29 »
Dieser Skandal zeigt uns doch mal wieder, dass Pflege nicht nur ein handwerklicher Beruf ist.
Das tägliche Ansehen von Leiden ist mitunter eine Herkulesaufgabe, auf die Pflegende nicht immer gut vorbereitet werden.
Auch ist die Diskussionskultur in unserem Beruf nicht besonders ausgeprägt, was bedeutet, dass man kaum "Luft ablassen kann". Ich denke nicht, dass es auch in diesem Fall darum geht, dass das Personal vor Ort vor hatte, den Patienten umzubringen, sondern dass das Leiden beendet werden sollte.
Das dürfen wir nicht!!
Richtig so!!
Wir können nicht über Leben und Tod entscheiden!
Das sollte niermals ein einzelner Mensch alleine tun (dürfen).
Wenn Behandlungen abgebrochen oder zuende geführt werden müssen/sollen,dann sollte immer eine Kommission entscheiden. Diese Kommission ist aus unterschiedlichen Berufs- und Gesellschaftsgruppen zusammen gesetzt.


Aber zurück zum Thema:
Wenn Menschen annehmen, dass das Leiden beendet werden sollte, dann sollten sich die Betroffenen fragen, um welches Leiden geht es eigentlich?
Ich habe selber über zwanzig Jahren in der Fachkrankenpflege gearbeitet und bin oft in die Grenzsituation gekommen, wo die Frage aufkam: wozu?, was macht das alles für einen Sinn?
Diese Fragen stellen Betroffene, weil sie Beteiligt sind.
Mit einem emotinonalen Abstand kann man auch über das Emotionale hinaus denken.
Wie sehr profitieren wir heute von Errungenschaften der Pflege und der Medizin!
Diese Errungenschaften haben aber ihren Preis!
Für mich als pflegerisch Handelnder bedeutet dies, dass ich mich frage: warum leide ich mit, wenn ein mir unbekannter Mensch "leidet"? Leidet er wirklich, oder ist es "nur" meine Annahme, dass er leidet.
Bleibt die spannenden Frage, warum leide ich mit?
Warum beteilige ich mich an dem Leiden?
Wenn ich mitleide, kann ich dann noch klar denken, wenn ich an dem Leidenden arbeite?
Bleibt die Frage nach dem Unterschied zwischen Mitgefühl und Mitleid.
Für mich bedeutet Mitleid, dass ich mitleide und somit betroffen bin.
Für mich bedeutet Mitgefühl, dass ich mich von dem Leiden des Betroffenen distanzieren kann, ohne ihn pflegerisch und menschlich allein zu lassen.


Sollte sich herausstellen, dass Vorgesetzte von dem Vorgehen beireits seit einiger Zeit wussten, gehe ich davon aus, dass auch weitere Kollegen von dem Vorgehen wussten.
Wenn da zu spät eingeschritten wird, ist das für mich falsche Solidarität!

Ich höre immer wieder davon, dass man durch Supervision den Leidensdruck abmildern können, wenn man darüber redet. In all den Jahren (in der Somaatik!!) habe ich keine Supervisionsgruppe oder ähnliches kennengelernt, die über einen langen Zeitraum beständig war.
Erklären konnte ich es mir nicht!
Erklären konnte es mir aber auch keiner!!
Ich habe immer wieder gehört, dass das Funktionieren dieser Gruppen in anderen Sozialberufen klappen soll. Genauere Angaben bekam ich aber auch nicht, um etwas für meinen damaligen Pflegebereich (Die Pflege Schwerbrandverletzter) umzusetzen.

Heute bemühe ich mich darum, dass ich dem Pflegenachwuchs mit auf ihrem Wege geben, dass sie die Trennung hinbekommen zwischen Mitleid [worum es nicht geht/gehen soll] und Mitgefühl [was erforderlich ist].
Bei der Arbeit am kranken und hilfebedürftigen Menschen sind wir auch als Mensch gefragt.
Das ist in der Schreinerei anders. Der Schreiner widmet sich dem Holz und muss sich mit den Kollegen auseinandersetzen.  Das mit den Kollegen müssen wir ja in der Pflege auch!!
Emotioale Grüße, IKARUS

Offline Thomas Beßen

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Re: AWO-Pflegeskandal weitet sich aus
« Antwort #2 am: 26. Juni 2012, 06:32:59 »
"Pflegeskandal: Sozialminister Andreas Storm kündigt "Pflegebeauftragten" und "Pflegetelefon" an   

Sozialminister Andreas Storm kündigte heute (22.Juni 2012) an, das die Landesregierung plane, im Saarland einen Pflegebeauftragten zu installieren. „Dazu werde ich am Montag eine Vorlage im Ministerrat einbringen“, sagte Storm. „Darin ist vorgesehen, den Landtag mit der Einsetzung eines saarländischen Pflegebeauftragten zu befassen. Ab sofort und bis dahin wird der Leiter der Abteilung Prävention und Versorgung im Ministerium, Herbert Heyd, diese Funktion übernehmen“, erklärte Storm. „Aktuell geht es jetzt darum, den Handlungsbedarf zu ermitteln, wo und welche Missstände bestehen und die gängige Qualitätsmanagementpraxis zu überprüfen. Eine zentrale Fragestellung wird aber auch die Rolle von berufsbegleitenden Maßnahmen, wie Mediation und Supervision in der Pflege, betreffen“, führte der Minister aus. „Zudem wird ab Montag im Ministerium ein „Pflege-Telefon“ mit der Nummer 0681 501 3480 freigeschaltet werden“. ..."


Quelle & mehr: http://www.saarland.de bzw. http://www.saarland.de/59841_93099.htm

Flüchtige Grüße!
Thomas Beßen
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Offline Thomas Beßen

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Re: AWO-Pflegeskandal weitet sich aus
« Antwort #3 am: 27. Juni 2012, 06:16:53 »
"Folterskandal im Altenheim - Die Pflegeleitung wusste Bescheid

Ihr Anwalt rät ihnen zu schweigen. Und der Pflegedirektor und die Pflegeleiterin des Altenheims in Elversberg schweigen. Jetzt werden auch sie dafür verantworlich gemacht, dass zwei ihrer Angestellten monatelang Patienten quälten - teilweise bis zum Tode.

Monatelang quälten sie die Bewohner eines Pflegeheimes in Elversberg. Sie operierten sie ohne Narkose, zogen ihnen die Beatmungsschläuche heraus und verabreichten ihnen viel zu große Dosen Morphium. Die Heimleitung schaute zu ohne etwas dagegen zu unternehmen. Das legt jetzt zumindest ein Bericht der "Saarbrücker Zeitung" nah. ..."


Quelle & mehr: http://www.n-tv.de/panorama/Die-Pflegeleitung-wusste-Bescheid-article6569906.html

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Offline IKARUS

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Re: AWO-Pflegeskandal weitet sich aus
« Antwort #4 am: 27. Juni 2012, 08:57:01 »
Mir ist gestern schon der Gedanke gekommen, die Frage zu stellen, ob das im Saarland politischer Aktionismus ist.
Wenn ich mir den heutigen Text duchlesen und die Vorgesetzten wirklich von den Taten/Machenschaften der "Pflegekräfte" vor Ort wussten, gehört ihnen eine höhere Straße auferlegt. Auch fehlt noch für mich der Hinweis, ob die Kollegen vor Ort/auf der Station von den Machenschaften wussten. Sollte dem so sein, ist das von falsche Lojalität getragen.
Es ist nicht mein führender Gedanke, dass die beiden mutmaßlichen Täter "aufgehängt" werden sollen. Unter Lojaylität verstehe ich auch das Ansprechen vom Verhalten des Kollege, damit er es reflektierne kann.
Es können ja auch seelische Nöte sein, was mir schwer fällt zu glauben, was die "Kollegen" getrieben haben könnte. Es wirkt für mich eher und mehr als Hybris der "Kollegen". Da wollen sich Mitarbeiter über Tätigkeiten definiernen, für die sie keine Ausbildung haben.
Hier geht es für mich um das rechtzeitige Ansprechen des Beobachtbaren. Die Verschleierung sollte genauso öffentlich gemacht werden wie der öffentliche Täter. Aber das ist leider schwerer durchführbar.
Vergleichen wir den Fall in der Charieté, wo Menschen zu Tode gekommen sind.
Auch hier bleibt für mich die Frage: was wussten die Kollegen vor Ort und warum schwiegen sie??

Mögen wir Auffälligkeiten ansprechen und Kollegen schützen, bevor Schlimmeres passiert.
Aus den Beispielen die ich kenne, ging es immer um den Glauben, dass Leiden beendet werden sollte. Die Krux ist aber, das das Leiden mit dem neuen Patienten wieder von vorne beginnen wird.

Statt Jemanden im Rathaus/im Ministerium einzustellen wäre es besser, wenn vor Ort etwas passieren würde. Das ist aber aufwendiger und teurer. Es geht doch hier weider um das lieben Geld!

Welche Aussagen treffen eigentlich unsere Berufsverbände zu diesem wichtigen berufspolitischen Thema??
Regnerische Grüße aus dem Pott, IKARUS

Offline Beate

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Re: AWO-Pflegeskandal weitet sich aus
« Antwort #5 am: 27. Juni 2012, 21:41:48 »
Ja, das würde ich auch mal gerne wissen!

Offline dino

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Re: AWO-Pflegeskandal weitet sich aus
« Antwort #6 am: 29. Juni 2012, 20:53:39 »
Als ich das am anfang las dachte ich mir das mal wieder selbsternannte Todesengel unterwegs waren. Mittlerweile erinnert mich das eher an eine Folge von criminal minds, zumindest das was die 2 Pfleger getan haben. Das hat für mich absolut nichts mehr mit Überschreiten der Befugnisse zu tun, sondern ich werte dieses als  Krank.

Offline Beate

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Re: AWO-Pflegeskandal weitet sich aus
« Antwort #7 am: 29. Juni 2012, 21:17:46 »
Da muß einfach der Verstand ausgesetzt haben bei den beiden Pflegern, denn sonst ist das doch gar nicht möglich. Da kann man nichts anderes dazu sagen, dass dieses schlimme Verhalten "krank" ist!!
Erschütternde grüße
Beate

Offline Thomas Beßen

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Re: AWO-Pflegeskandal weitet sich aus
« Antwort #8 am: 16. Juli 2012, 06:23:41 »
"Untragbare Zustände im AWO-Pflegeheim?

Mangelnde medizinische Versorgung und keine echte Rufbereitschaft von Ärzten: Im Elversberger Pflegeskandal übt die Kassenärztliche Vereinigung scharfe Kritik an der AWO. In der Arbeit mit Schwerstkranken sei die aktuelle Situation nicht vertretbar.

Ist der mutmaßliche Skandal in einem Elversberger Pflegeheim durch mangelnde ärztliche Versorgung mitverantwortet worden? Durch die Kassenärztliche Vereinigung KV ist nun Kritik am medizinischen Versorgungskonzept der AWO laut geworden. Lediglich wöchentliche Visiten und anlassbezogene Arztbesuche seien auf einer Station mit schwerstkranken Menschen, die teilweise druckbeatmet werden müssen, ein unhaltbarer Zustand. ..."


Quelle & mehr: http://www.sr-online.de/nachrichten/1668/1449861.html

Guten Morgen!
Thomas Beßen
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Re: AWO-Pflegeskandal weitet sich aus
« Antwort #9 am: 16. Juli 2012, 06:54:13 »
Warum übt die KV erst jetzt scharfe Kritik?
Gehen denn die Ärzte denn mit herunterhängenden Augenlidern durch das Altenpflegeheim?
Sie (die Ärzte!) könnten doch rechtzetiger mit den Verantwortlichen der Heime reden, wenn ihnen etwas Mangelhaftes auffällt.
Beim Lesen der Zeilen kam mir der Gedanke nach Berufspolitik! Echtes Engagement liese sich auch anders gestalten.
Aber soweit mir bekannt ist, sind Altenheim so gestaltet, dass die Ärzte immer erst nach Aufforderung kommen im Gegensatz zum Krankenhaus.
Wenn ein Mensch im Altenheim beatmet wird, stellt sich mir die Frage, ob der behandelnde/begleitende Arzt seine Visiten nicht engmaschiger gestalten könnte?
Da kommt dann wieder das Geld ins Spiel. Er kann so viele Visiten nicht liquidieren.
Er müsste als engagierter Mitmensch die alten und schwerstpflegebedürftigen Menschen besuchen.

All diese Gedanken sollen das Fehlverhalten "unserer/meiner Kollegen" nicht abmildern. Da möchte ich deutlich trennen zwischen Ursache und Wirkung.
Sommerliche Grüße, IKARUS