Autor Thema: Passiv trägt Weiß  (Gelesen 5343 mal)

Offline Thomas Beßen

  • Administrator
  • *
  • Beiträge: 11.161
  • - die Menschen stärken, die Sachen klären -
    • http://www.pflegesoft.de
Passiv trägt Weiß
« am: 14. März 2012, 06:20:45 »
"Obwohl alle wissen, wie wichtig Pflege ist, wird sie nicht anständig bezahlt. Und daran wird sich auch in der laufenden Tarifrunde nichts ändern. Warum eigentlich?

Wer leistet mehr, ein Bankangestellter, ein Chemiearbeiter oder eine Krankenschwester? Diese Frage wird nie offensiv diskutiert, aber trotzdem täglich beantwortet. In der Lohnhierarchie finden sich die Angestellten der Chemiebranche ganz oben – und die Pflegeberufe weit unten. Es scheint also klar, wer viel „wert“ ist: Es ist der Industriearbeiter, nicht die Krankenschwester.

Diese Lohnhierarchie hat ihre eigene Logik: Gezahlt wird nach Produktivität. In hochtechnisierten Branchen, wo nur noch wenige Mitarbeiter einen riesigen Maschinenpark steuern, sind die Löhne am höchsten. Also in der Chemie und in der Metallindustrie. Relative Verlierer sind hingegen die Mitarbeiter der sozialen Branchen, die sich kaum rationalisieren lassen, weil sie unmittelbar dem Menschen dienen. Gute Pflege benötigt genauso viel Zeit wie vor fünfzig Jahren. Eine „Effizienzrevolution“ wie in der Automobilindustrie ist dort weder möglich noch zu wünschen.

Lange Zeit wurde diese Logik der Produktivität klaglos hingenommen. Es war allgemein akzeptiert, dass die Löhne gespreizt sind und die PflegerInnen am wenigsten erhalten. Zumal diese Anordnung auch den Geschlechterrollen entsprach: In der Industrie arbeiten vor allem Männer, die Pflegeberufe hingegen sind vorwiegend weiblich. Und für Frauen gilt bis heute, dass ihre Arbeit oft behandelt wird, als würden sie freiwillig ein Ehrenamt ausüben, das eine Bezahlung kaum erfordert.

Diese Logik der Produktivität und der Geschlechterrollen zeigt sich auch bei den derzeit laufenden Tarifverhandlungen. Schon jetzt ist klar, dass die pflegenden Berufe weiterhin zu den Verlierern gehören werden. In harten Zahlen: Öffentlich angestellte Krankenschwestern erhalten momentan maximal 2.801 Euro brutto im Monat – wenn sie mindestens 15 Jahre berufstätig waren. ErzieherInnen kommen auf 2.864 Euro. Bei AltenpflegerInnen sieht es noch schlechter aus. Ihr Mindestlohn liegt im Westen bei 8,75 Euro pro Stunde, im Osten bei 7,75 Euro. ..."


Quelle & mehr: http://www.taz.de/!89480/

Guten Morgen!
Thomas Beßen
Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline Beate

  • SchülerInnen & DozentInnen Vitos Hochtaunus u. Rheingau
  • *
  • Beiträge: 463
Re: Passiv trägt Weiß
« Antwort #1 am: 14. März 2012, 18:03:31 »
Ja, zu diesem Thema gab es vor einigen Tagen auch einen Beitrag: Pflege ist Berufung usw hieß es da. Dort habe ich meinen "Senf" schon geäußert. Ja, traurig, was hier für Zahlen und Fakten auf den Tisch kommen. Wenn ich daran denke, wieviel ich selbst schon gelernt habe, und dann das..........
Nachdenkliche Grüße
Beate

Offline dino

  • SchülerInnen & DozentInnen Vitos Hochtaunus u. Rheingau
  • *
  • Beiträge: 5.049
  • In der Ruhe liegt die Kraft
Re: Passiv trägt Weiß
« Antwort #2 am: 15. März 2012, 19:19:39 »
Das mit der Berufung ist so ne Sache. Meine Sucht ist ausgebrochen und ich hab vor dem Rückfall ein Fitnessprogramm gestartet. 20 kg hab ich geschafft, und langsam bin ich fit for rescue. Ich werd dem nicht mehr widerstehen sondern freu mich drauf wie ein kleines Kind  :-D

Offline Beate

  • SchülerInnen & DozentInnen Vitos Hochtaunus u. Rheingau
  • *
  • Beiträge: 463
Re: Passiv trägt Weiß
« Antwort #3 am: 15. März 2012, 20:29:03 »
Respekt, wie hast du das geschafft?

Offline dino

  • SchülerInnen & DozentInnen Vitos Hochtaunus u. Rheingau
  • *
  • Beiträge: 5.049
  • In der Ruhe liegt die Kraft
Re: Passiv trägt Weiß
« Antwort #4 am: 16. März 2012, 10:26:54 »
Weniger gegessen.
LG   dino

Offline IKARUS

  • Member
  • *
  • Beiträge: 2.887
  • Tanzen ist Träumen mit den Füßen
Re: Passiv trägt Weiß
« Antwort #5 am: 16. März 2012, 11:33:55 »
Passivität trägt WEISS!! Das kann doch so nicht stimmen!! ES gibt WeisskittelträgerInnen die hervorragend organisiert sind und somit ihre Forderungen durchsetzen auf Kosten der dienenden WeisskittelträgerInnen die nicht so organisiert sind. Die Organisation von Berufsständen hat eine lange Geschichte und gehört zum "gutenTon", oder anders beschriebn zum beruflichen Ethos. Aber auf keinen Fall zum beruflichen Status einer Pflege(fach)kraft!! Weil das immer so weitergepflegt wird (!), werden wir nur die Krumen bekommen, die andere übrig lassen. Und das sind wenige, halt nur der kleinliche Rest.
Wir wollen das so!! Jedenfalls sehe ich keinen Ansatz das zu ändern. Wenn Lehrkräfte im Untericht die SchülerInnen dazu auffordern sich zu engagieren und zu solidarisieren, dann werden die Lehrkräfte oft ausgelacht und mit dem Satz abgetan: "So was tun Schwestern nicht!!" Nö!! Aus diesem Grunde bekommen sie ja nur die Krumen. Lehrkräfte und Pflegemanager sind organisert. Warum wohl??
Wenn die praktizierende Pflege sich nicht solidarisiert und engagiert (ich meine hier nicht am Krankenbett!!), dann wird sich daran nichts ändern, dass sie nur die Krumen bekommt. Wer nicht fordert bekommt auch nichts!!! Also geht es darum Forderungen zu formulieren und sie mit Augenmaß durchzusetzen. Man(n) muß auch mal Konflikte aushalten!!
Hierzu fällt mir ein Spruch ein, dessen Urspung ich nicht spontan erinnere.
"Viele geben auf, die Wenigsten scheitern!"

Also: die Passivität bezieht sich hier nicht auf das Engagement am Krankenbett, sondern am Aufstellen und Durchsetzen berechtigter Ansprüche für excellente berufsfachliche Leistungen.
Solange wir Praktiker alles kompensieren, was wir am Krankebett sehen wird sich nichts ändern. Andere Berufsgruppen lassen Sachen und Angelegenheiten liegen, die wir dann auf- und wegräumen. Woher nehmen wir nur die Zeit?? Vernachlässigen wir unsere Aufgaben, oder sind wir nicht ausreichend ausgelastet?? Wenn dem so ist, haben doch die Kritiker recht . Wenn dem nicht so ist, dann sollten wir es den Anderen in den weißen Kitteln und den Bürgern auch mit Augenmaß mitteilen. Denn nur wenn die Bevölkerung weiß dass sie nichts mehr umsonst bekommt, so wie die Reparatur des Autos, die Urlaubsreise nach MALLE, wird sie nachdenken können. Aber wenn wir sie nicht aufmerksam machen, gibt es auch keinen Grund warum sie über uns Fach- Gesundheits- und [Kinder-]Krankenpflegekräfte nachdenken sollten.
Ich denke auch nicht über die Belange meiner Fleiswurstfachverkäuferin bei PENNY oder meinem Autoschrauber nach. Aber die sind ja in ihren Gewerkschaften gut oder ausreichend organisiert.
Kämpfrische Grüße, IKAURS

Offline Brady

  • Member
  • *
  • Beiträge: 184
  • FguK Bereichsleitung PTK/GTK/PIA/MIA/ZPA
Re: Passiv trägt Weiß
« Antwort #6 am: 16. März 2012, 18:27:49 »
Es ist echt schade, dass soviele Pflegekräfte nicht für sich einstehen können; bzw. sie müssten die alte Rolle aufgeben und wer gibt schon gerne was auf?
Es hat mit dem Berufsbild und dem beruflichen Selbstverständnis zu tun und zu einem Täter werden was einzuzfordern ist ungewohnt.

Es gibt Pflegekräfte z.B. die wissen zig Laborparameter auswendig ...*super*, aber sie nutzen das Wissen nicht für sich, sondern nutzen es aus vielen anderen abhängigen Motiven heraus. Dann kommt als Aussage wie bei so vielen: "Ich tue es für den Patienten". Dies ist ein reines Totschlagargument". Ich könnte zig solcher Beisspiele nennen und es ist so durchschaubar. Es fängt am Krankenbett an und setzt sich nach oben fort.

Seit kurzem habe ich auch einen Schüler; ich bevorzuge ja Auszubildenden, denn da setzt man nicht so schnell einen Vornamen nach ein. Sicher duze ich mich mittlerweile mit dem Azubi, aber bei den Patienten wird er mit dem Nachnamen angesprochen. Ich frage immer nach, was bringt euch die Schule bei in Bezug sich zu organisieren bei, hmmm da kommt nur wenig. Was sagt die Schule dazu, dass sich immer noch so viele Pflegefachkräfte mit dem Vornamen ansprechen lassen? Wird das nicht beprochen? Gross werden ist schon schwer....

Ich sage ja immer und bringe damit einige meiner weiblichen Kolleginnen in die Verärgerung: "Ich bin keine "Schwester"; ich bin eine Pflegefachkraft, bzw. eine Fachpflegekraft. Aber wie auch immer....steter Tropfen höhlt den Stein.

Ich liebe meinen Beruf und meine Berufsgruppe ist die Beste und ich hoffe immer noch, dass ein Blitz einschlägt und sie merken was es bedeutet eine Stimme zu haben, sich zu zeigen und nicht passiv auf das Gutdünken anderer zu hoffen.

LG Brady
« Letzte Änderung: 16. März 2012, 18:29:29 von Brady »
Ich bin keine Schwester, ich bin eine Fachpflegekraft!

Offline IKARUS

  • Member
  • *
  • Beiträge: 2.887
  • Tanzen ist Träumen mit den Füßen
Re: Passiv trägt Weiß
« Antwort #7 am: 16. März 2012, 20:14:13 »
Gerne unterstreiche ich deinen Standpunkt Brady.
Das mit dem Dutzen sehe ich so, dass das Jeder für sich entscheiden sollte. Es gibt auch Verrückete und Distanzlose auf der SIE-Ebene. Respekt voreinander ist die Zauberformel!
Dutzende Grüße aus Essen, IKARUS

Offline Beate

  • SchülerInnen & DozentInnen Vitos Hochtaunus u. Rheingau
  • *
  • Beiträge: 463
Re: Passiv trägt Weiß
« Antwort #8 am: 16. März 2012, 20:28:52 »
Bei dem respektvollen Umgang miteinander mache ich sofort mit!!
LG Beate

Offline Brady

  • Member
  • *
  • Beiträge: 184
  • FguK Bereichsleitung PTK/GTK/PIA/MIA/ZPA
Re: Passiv trägt Weiß
« Antwort #9 am: 16. März 2012, 20:47:07 »
Ich mache mit dem respektvollen Umgang miteinander auch sofort mit.

Ich habe erlebt, wie Pflegepersonal mit Vornamen und "Sie" von der PDL angesprochen werden und es ist sofort eine unterschiedliche Ebene drin. Ein Gefälle von Gross-Klein und ich habe die Erfahrung gemacht, je unsicherer die Vorgesetzten so lieber belassen sie es bei den Pflegekräften mit dem Vornamen.

Sicher gibt es lange, gewachsene Strukturen; aber ich bin schonmal garnicht "die Schwester" der PDL. Wenn schon Vorname, dann beide Personen. Ansonsten ist der mit dem Vornamen immer der Schwächere und so kann man auch Menschen klein halten.

LG Brady
Ich bin keine Schwester, ich bin eine Fachpflegekraft!