Autor Thema: second life and e-learning...  (Gelesen 8459 mal)

Offline Thomas Beßen

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second life and e-learning...
« am: 05. Februar 2008, 10:08:03 »
Folgendes steht heute in der Frankfurter Rundschau:

Second Life
Mit dem Zweiten lernt man besser
VON FELIX HELBIG

Uni in Second life (Uni Bielefeld)
Fast ist sie schon totgesagt, die schöne neue Welt. Zu kommerziell, eigentlich nur ein Hort menschlicher Abgründe: Gewalt und Porno. Markus Walber aber bezweifelt das. Denn der US- Unternehmensberatung Gartner zufolge dürfte sich das Potenzial der Internet-Plattform Second Life erst jetzt zeigen, nach dem Hype.

Markus Walber sitzt in Gebäudetrakt S der Bielefelder Universität, einer Betonhochhausburg, deren brachiale Ästhetik es nicht annähernd aufnehmen kann mit der luftigen Residenz, die Walber nun im Second Life eröffnet hat. Dort will der auf E-Learning spezialisierte Erziehungswissenschaftler erforschen, wie Wissenschaftler die Internetplattform für die akademische Lehre nutzen können.


Vor einigen Tagen hat Walber deshalb ein Impulsreferat gehalten, ohne dafür sein Büro zu verlassen. Es war die Auftaktveranstaltung des Fachbereichs im Second Life; etwa 20 Minuten lang sprach Walber in einem virtuellen Seminarraum über Chancen und Risiken des umstrittenen Mediums für die Hochschullehre. Im Halbrund saßen ihm dort Studenten wie Forscher gegenüber, etwa 30 Gäste waren gekommen, "im Schnitt", wie Walber lachend sagt, denn natürlich seien zwischendurch ein paar aufgestanden - und einfach weggeflogen. In die neue Residenz geschickt hatten alle Teilnehmer nur ihre Avatare. Und die können einiges mehr als ihre leibhaftigen Vorbilder.

Aus Sicht der Bielefelder ist das der große Vorteil der virtuellen Welt gegenüber konventionellen E-Learning-Angeboten. Weltweit können Nutzer vom Computer aus die 3D-Welt erkunden und ihre virtuellen Abbilder dort bauen, handeln und diskutieren lassen. Was Walber vor allem interessiert: Sie können auch lernen. Wie bei der Auftaktvorlesung der Bielefelder Wissenschaftler auf "University Island", wo die Uni gleich neben der Mannheimer Berufsakademie ihre Residenz eröffnet hat und manche studentischen Avatare im Halbrund noch verrücktere Frisuren oder Hüte trugen als sonst.

"Der Nutzen von E-Learning nimmt ab, je weniger soziale Kontakte vorhanden sind", sagt Walber. Während bei Online-Kursen und erst recht beim Lernen mit CD-Rom das klassische E-Learning schnell an Grenzen stoße, schaffe Second Life eine direkte und unkomplizierte Kommunikation. Auf der Plattform werde es für Teilnehmer möglich, direkt miteinander zu sprechen.

Den konkreten Nutzen für die Lehre erforschen Walber und seine Kollegen nun empirisch. "Wir wollen wissen, inwieweit die traditionelle Lehre zum Beispiel durch virtuelle Studiengruppen oder Begleitseminare erweitert werden kann."


Angst vor Spielhölle und Bordell

Second Life liefere neue Möglichkeiten, E-Learning zu gestalten, weil verschiedene Medien eingebunden werden könnten und sich unterschiedliche Lernsituationen, in Seminaren oder Konferenzen, herstellen ließen. Natürlich gebe es auch Nachteile: Jederzeit könnten Teilnehmer Namen und Aussehen ändern. Zudem setze Lernen im Second Life eine hohe Medienkompetenz voraus. Hinzukommen Vorurteile über die schöne neue Welt und ihre exzentrischen Bewohner, über die Kritiker sagen, dass sie zuerst Bordelle und Spielhöllen gebaut hätten. "Je mehr produktive Nutzer die Plattform verlassen, desto größer wird der Anteil der Perversen", sagt Walber, "das ist ja klar."

Das Kommerzargument, wonach die Plattform eigentlich nur aus Reklame bestehe, hält Walber für "überschätzt". Dennoch schützen die Bielefelder ihre Residenz auf "University Island". Es ist dort untersagt, zu verkaufen und zu vermarkten, die Teilnehmer müssen ihre virtuellen Abbilder, wenn schon mit irrer Haarpracht, dann wenigstens mit realem Namen und echter Email-Adresse anmelden. "Außerdem haben wir abgeschlossene Lernräume in den Wolken und einen Konferenzraum unter Wasser gebaut, die niemand sehen kann", sagt Walber. Dort können die Studenten ungestört und von der virtuellen Außenwelt abgeschirmt lernen. So werde verhindert, dass "andauernd irgendwelche Nackten reingeflogen kommen". Die Erziehungswissenschaftler gehen davon aus, das Angebot während des Sommersemesters um virtuelle Sprechstunden erweitern und die Abläufe genauer erforschen zu können.

Bis jetzt erfüllen sich ihre Erwartungen; schon die Auftaktveranstaltung hätten auch Flensburger Studenten verfolgt. Anschließend standen die Teilnehmer noch eine Weile beisammen und diskutierten bei einer Tasse Kaffee, die gar nicht erst gekocht werden musste. Virtueller Kaffee. Und Markus Walber saß noch immer bequem an seinem Schreibtisch.

www.secondlife-learning.de


Unterstreichung: ThoBe


Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.