Autor Thema: Pflegeausbildung nur noch für Abiturienten ?  (Gelesen 5966 mal)

Offline IKARUS

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Pflegeausbildung nur noch für Abiturienten ?
« am: 05. November 2011, 20:38:36 »
In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Die Schwester Der Pfleger 2011-11, Seite 1066 f" wird die Frage vorgestellt und das Interview mit Franz Wagner [DBfK Bundesgeschäftsführer] veröffentlicht. Er befürwortet in diesem Artikel die Anhebung der Voraussetzungen die zur Aufnahme in den Pflegeberuf führen sollen. Alle bisherigen in der Pflege Tätigen haben keinen Nachteil, so schreibt er. Auch das viele Anforderungen bereits erfüllt sind und es auch Äquivalente gibt und geben soll. Wenn man diese Forderung unterstützt, und das tue ich auch, muss man auch die Frage stellen: wieviele Berufsgruppen werden unterhalb der Pflege eingeführt und gibt es einen Katalog über Aufgaben die der professionellen Pflege vorbehalten bleiben. Das ist auch ein wichtiges Thema für eine kommende Pflegekammer. Persönlich denke ich wohl, und das erst nicht seit heute, das eine mehrjährig ausgebildete Pflegefachkraft für bestimmte Aufgaben am Krankenbett und im Krankenhaus [alternativ auch in anderen Pflegeeinrichtungen] überqualifiziert ist. Hier muss eine gute Regelung geschaffen werden, damit Klarheit besteht für alle am Krankenbett [...] Tätigen.
Nun freue ich mich auf eine gute Diskussion, IKARUS

Offline Thomas Beßen

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Re: Pflegeausbildung nur noch für Abiturienten ?
« Antwort #1 am: 14. November 2011, 10:56:41 »
Guten Morgen Ikarus,
du meinst bestimmt dieses hier: http://www.3-laenderkonferenz.eu/presse/Wagner_1066-1067_SP11_2011.pdf, nicht wahr?
Flüchtige Grüße ins Ruhrgebiet!
Thomas
Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline IKARUS

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Re: Pflegeausbildung nur noch für Abiturienten ?
« Antwort #2 am: 14. November 2011, 11:48:18 »
Ja, Thomas, das ist der Artikel, auf den sich mein Gedanke stützte. Ich denke auch, dass es in der Pflege auch eine klare Aufgabenverteilung geben muss. Es macht doch keinen Sinn, wenn mehrjährig ausgebildete Fachpflegekräfte Arbeiten erledigen "müssen", für die sie überqualifiziert sind. Ich erinnere mich an viele fruchtlose Diskussionen!
Ein Originalzitat gebe ich hier zum Besten!
"Was du in vielen Jahren gelernt hast, habe ich in einem Jahr gelernt!" Eine Pflegehelferin [1976]
Diese Überschätzung ereilt auch dreijährig ausgebildete Pflegekräfte. Das ist nicht mein Problem.
Mein Problem ist, die Überschätzung oder genauer formuliert die Geringschätzung von Ausbilung oder gar Studium. Wenn Pflegefachkräfte viel lernen, können sie Verknüpfungen anstellen, die geringerqualifizierte Kräfte nicht anstellen können. Ganau da liegt aber die Kunst, derer die viel lernen!! Die Achtung vor der Berufs- und Lebenserfaahrung ist etwas Entscheidendes. Da gibt es Fachwissen, das niemals in einem Lehrbuch stehen wird, weil es dafür keine Worte gibt. Ich erinnere eine Pflegetechnik meines Stationspflegers, die in Worte nicht fassbar oder erklärbar war. Zusehen und Nachmachen ist da die Kunst. Wenn es dann gelingt, das tradierte Wissen in Worte zu kleiden, kommt dann die Profession. Dann findet man die Worte, die der Praktiker nicht finden konnte. Eine gute Verzahung von Pflege-Theorien und Pflegepraxis ist das Gebot der Zeit. Nicht das Gegeneinander! Es liegt an den "Kopferten" sich ans Bett zubegeben. Sie zeigen damit den Praktikern den Weg zur Theorie auf. Einer muss doch beginnen! Wer, ist doch letztendlich von zweiter Bedeutung! Wir haben eine tollen Beruf. Wir müssen nur die Farben finden, damit er auch bunt und vielfältig wird oder bleibt.
Für eine bunte und kreative Pflegezukunft wirbt, IKARUS

Offline Beate

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Re: Pflegeausbildung nur noch für Abiturienten ?
« Antwort #3 am: 14. November 2011, 12:57:30 »
Diesen Beitrag unterstütze ich sehr. Dabei fällt mir ein Zitat einer ungelernten Kraft ein: "Pflegen kann jeder!" Ich glaube, damit muß man sorgfältig umgehen, genauso mit der Pflege unserer Patienten. Da bedarf es schon einer fundierten Ausbildung, um diese "Verantwortung" adäquat tragen zu können. Es ist nicht damit getan: sauber, satt, zufrieden, da gehört noch viel viel mehr dazu, aber das wissen wir ja alle. Der Satz: wir haben einen tollen Beruf, wir müssen nur noch die Farben finden, damit er bunt und vielfältig wird und bleibt, gefällt mir. Treffender hätte ich ihn selbst nicht formulieren können.
Sonnige Grüße aus Oberhessen
Beate 

Offline IKARUS

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Re: Pflegeausbildung nur noch für Abiturienten ?
« Antwort #4 am: 14. November 2011, 13:32:46 »
Hallo Beate, ja pflege kann jeder. Wer so etwas sagt, hat von Krankenpflege keine Ahnung. Da sind wir sicherlich einer Meinung! Wer so etwas sagt, ist ja in guter Gesellschaft. Selbt Mitglieder unserer Bundesregierung vertritt ja diesen dummen Standpunkt. Da müssen wir durch!! Das schaffen wir! Berufspolitik muss dazu führen, dass wir unseren Beruf aus-gestalten. Die Pflegekammer könnte ein kleiner Baustein sein. Es gibt ja Professionen, die ihre Selbstbestimmung gut hinbekommen haben. Warum sollen wir das nicht auch schaffen.
Also: Ärmel hoch und ran an den Speck! Gruß, IKARUS

Offline lodda.odw

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Re: Pflegeausbildung nur noch für Abiturienten ?
« Antwort #5 am: 20. Dezember 2011, 14:03:33 »
Das von Seiten der Politik (Rösler)ein nein dazu kommt war zu erwarten, hat man doch erst vor einiger Zeit die Zugangsvoraussetzungen wieder gelockert um einem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Das Verdi sich aus Arbeitsmarktpolitischen Gründen auch dagegen ausspricht ist bedauerlich aber verständlich.

Ich selbst stehe der Forderung der EU-Kommission mit gemischten Gefühlen gegenüber! Einerseits werden die Anforderungen an exam. Pflegekräfte immer vielfältiger und komplexer, was sicher auch ein besseres Bildungsniveau erfordert.
Man muss sich nur mal die Durchfallquoten der letzten Jahre anschauen! Die Prüfungen wurden leichter(pers. Eindruck) und trotzdem fallen immer mehr Auszubildende mit gutem bis mittelmäßigem mittleren Bildungsabschluss durch. Von daher ist die Initiative nur zu begrüßen.

Andererseits wird diese Erhöhung der Zugangshürden den tatsächlichen Gegebenheiten konträr entgegenstehen. Welcher Abiturient wird für einen Hungerlohn in der Pflege arbeiten? Solange die Politik nur hinterherhechelt wird jede Veränderung der Zugangsvoraussetzungen als Schuss nach hinten losgehen. Verbesserungen bekommt man nicht mit politischen Lippenbekenntnissen und für "Umme". Die Pflege wird mit anderen akademischen Berufen nicht konkurieren können solange man im Gesundheitswesen das Spardiktat regieren lässt. Warum gibt es denn kaum noch Pflegepädagogikstudenten....
Ohne grundlegende Änderungen im Sozialsystem und ohne ein steuerfinanziertes Gesundheitswesen ist eine grundsätzlich zu begrüßende Höherqualifizierung der Pflege nicht zu haben. Die Ärzte lassen sich ihre Fleischtöpfe doch nicht einfach so wegnehmen....
Außerdem müsste für dies höherqualifizierte Pflegepersonal ein Unterbau geschaffen werden. Vorstellbar scheint mir eine einheitliche zweijährige Pflegegrundausbildung, Zugang mit mittlerer Reife, Verdienst wie momentan das Gehalt einer dreijährig-exam. Kraft. Das Tätigkeitsfeld würde nach der Ausbildung etwas höher angesiedelt sein als das einer derzeitigen Schwesternhelferin. Ein sehr guter Abschluss in der zweijährigen Ausbildung würde dem Abitur gleichgestellt und ermöglicht den Aufstieg in einen akademischen Beruf.
Für die akademische-medizinische Pflegeausbildung von 5 Jahren mit einem Praxisanteil von mind. 50% wäre dann eine Gehaltsvorstellung entsprechend einem Assistenzarzt denkbar. Der Aufgabenbereich läge dann z.B. in der prakt. Ausbildung der zweijährigen Auszubildenden, dem Administrativen und in der Behandlung leichterer medizinischer Fälle.....

Mit anderen Worten: wir bräuchten in Deutschland eine politische Revolution um tatsächlich in den Rahmenbedingungen etwas zu verändern. Die Chancen dazu wurden leider in 1989 verspielt.....