Autor Thema: Fast-Track-Chirurgie  (Gelesen 8500 mal)

Offline Thomas Beßen

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Fast-Track-Chirurgie
« am: 24. Juli 2007, 17:26:19 »
Angeregt durch einen Spiegel-Artikel von gestern zur so genannten Fat-Track-Chirurgie bin ich dabei, mein Unterrichtskonzept zum Thema "perioperative Pflege" (ein schreckliches aber praktisches Kunstwort) umzuschreiben. Vieles Bisheriges in meiner Ausarbeitung ist damit offenkundig in Frage gestellt worden und ich fing erst mal an, weiter zu suchen...

So steht's z.B. in spiegel-online als Kurzfassung des Artikels von gestern in der Rubrik "Medizin":
"Die Turbo-OP. Ein neuartiges Behandlungskonzept revolutioniert die Chirurgie: Bereits wenige Tage nach einem schweren Eingriff können Patienten die Klinik wieder verlassen. Möglich wird die "Fast Track"-Genesung durch eine straffere OP-Vorbereitung und eine verbesserte Schmerztherapie. ..."


Und br-online schreibt:

"Fast-Track im Krankenhaus - in der Entwicklung
 
Das Konzept der Fast-Track-Rehabilitation ist noch sehr neu. In Bayern wird die Methode am Klinikum Nürnberg und am Klinikum Großhadern in München erprobt. Eine Ausweitung von der Dickdarmoperation auf andere Eingriffe ist geplant. Prof. Schwenk: "Bei kleinen Eingriffen erhöht Fast-Track eher den Komfort, bei großen vermeidet man Komplikationen und bei ganz großen - so hoffen wir zumindest - lässt sich die Sterblichkeit reduzieren."

Kosten - ein Anreiz, sich mit Fast-Track zu beschäftigen

Für viele Kliniken kam der Anreiz, sich mit der Fast-Track-Chirurgie zu beschäftigen, erst mit Einführung des so genannten DRG-Systems. Denn nun bekommen sie von den Krankenkassen für jede Operation eine feste Fallpauschale, also eine fixe Summe, die ganz unabhängig davon ist, ob beispielsweise ein Patient nach einer Dickdarmoperation sechs Tage oder drei Wochen in der Klinik verbringt. Das Krankenhaus hat wesentlich geringere so genannte Hotelkosten, wenn der Patient bereits nach einer Woche entlassen wird, "und kann somit den Gewinn erhöhen, um die Behandlung anderer, kostenaufwendiger Krankheiten zu finanzieren", so Prof. Schwenk.
 
Betreuung - gleicher Aufwand in weniger Tagen
 
Es ist nicht so, dass das Krankenhaus seine Patienten einfach früher nach Hause schicken kann. Denn der Aufwand für das Pflegepersonal ist bei Fast-Track nicht geringer, nur konzentriert er sich auf einen kürzeren Zeitraum. Prof. Schwenk: "Im Optimalfall ist der Patient nach zwei bis drei Tagen autark und macht kaum noch Arbeit. Vorher aber muss er mobilisiert werden, braucht Hilfe beim Aufstehen und über den Flur laufen. Die Krankenschwester muss sich um die Trinkmenge kümmern und spezielle Trinklösungen anrühren. Fazit: Früher leistete man 90 Prozent des pflegerischen Aufwands innerhalb von zehn, jetzt innerhalb von zwei Tagen."
 
Verschiebung von Kapazitäten

Die Fast-Track-Rehabilitation ist für Krankenhäuser nicht einfach billiger. Es ist eher so, dass sich die Kapazitäten verschieben. Gegen die frühe Entlassung steht der wesentlich höhere Pflegeaufwand am Anfang. Manche Kliniken lösen das, indem sie größere Operationen am Anfang der Woche durchführen und in dieser Zeit auch mehr Krankenschwestern beschäftigen, wohingegen gegen Ende der Woche kleinere Operationen an der Reihe sind und weniger Krankenschwestern beschäftigt werden.

Verwaltung: nicht auf Fast-Track eingestellt
 
Fast-Track-Rehabilitation bringt auch verwaltungstechnisch Probleme mit sich. Denn die derzeitigen Abrechnungsmodi richten sich nach der klassischen Methode. "Würde man konsequent für alle Patienten auf Fast-Track umstellen, so müsste man große Umstrukturierungen vornehmen. So muss zum Beispiel die vor- und nachstationäre Behandlung intensiviert werden. Denn wenn ein Patient am fünften Tag entlassen wird, muss er dennoch am siebten Tag nochmals ambulant in die Klinik kommen. Außerdem braucht man weniger Intensivbetten; gerade diese stellen aber für viele Ärzte ein Prestigeobjekt dar", erläutert Prof. Schwenk und betont: "Verwaltung und Kostenträger müssen also im Zuge der Einführung der Fast-Track-Rehabilitation ihre Strukturen verändern.""


Unser schlaues Wiki (war natürlich auch schneller als ich und) schreibt:

"Unter Fast Track-Chirurgie (englisch, sinngemäß etwa „Schnellspur“-Chirurgie), besser als Fast-track Rehabilitation bezeichnet, versteht man ein perioperatives therapeutisches Konzept. Es zielt durch die Anwendung evidenzbasierter Behandlungsmaßnahmen Evidenzbasierte Medizin darauf ab, allgemeine Komplikationen nach operativen Eingriffen zu vermeiden. Ziel dieser Behandlungsmaßnahmen ist es, die Rekonvaleszenz der Patienten zu beschleunigen, die durch das operative Trauma gestörte Homöostase wiederherzustellen und die Autonomie der Patienten zu erhalten. Ein Bestandteil der Fast-track Rehabilitation ist die rasche postoperative Mobilisation der Patienten noch am Operationstag. Eine vor allem ökonomisch interessante Nebenwirkung ist die aufgrund der racheren Genesung erheblich verkürzte Liegedauer im Krankenhaus nach einer Operation.

Entwicklung
Sowohl finanzielle Erwägungen, als auch die Erfahrung von Komplikationen durch zu lange Immobilisation und parenterale Ernährung förderten die Entwicklung von Fast-Track.
Ende der 1990er Jahre entwickelte Prof. Kehlet aus Kopenhagen/Dänemark eine Therapie nach Operationen im Bauchraum. Ziel ist die Verringerung der allgemeinen Risiken und eine schnellere Erholung.

Maßnahmen
Präoperatives motivierendes Gespräch mit Betonung der aktiven Rolle des Patienten bei der Genesung
Bereits präoperative Anlage eines Schmerzkatheters (Periduralkatheter)
Wegfall der präoperativen Darmspülung
Verkürzung der präoperativen Nüchternheit
Möglichst Anwendung laparoskopischer Operationsverfahren, oder querer Bauchschnitte
minimale Substitution (Infusionen) während der Operation
früheste Mobilisation postoperativ
sofortiger Kostaufbau und Vermeidung einer parenteralen Ernährung
Nachsorge durch das Krankenhaus und den Hausarzt"


Das Klinikum Krefeld meint zum Thema Fast-Track Rehabilitation:

"Was ist „Fast-Track-Rehabilitation"?
Fast-Track-Rehabilitation steht für eine modere Form der Vor- und Nachbereitung des Patienten zur OP
Die Anwendung dieses Verfahrens verkürzt die Erholungsphase nach einem operativen Eingriff sehr deutlich: beispielsweise können Patienten nach Dickdarmeingriffen schon am 4 - 6 Tage die Klinik verlassen im Gegensatz zum 14. Tag nach der herkömmlichen Behandlung
Um einer Angst gleich vorzubeugen: kein Patient wird bei diesem Verfahren nach Hause gedrängt, jeder bekommt soviel Erholungszeit, wie er benötigt.
Patientensicherheit ist in jedem Fall höchstes Gebot!

Was ist anders bei der „Fast-Track-Rehabilitation"?
Das Enge Zusammenspiel von Patient - Pflege - Anästhesist - Chirurg anhand definierter Behandlungsabläufe ermöglicht die schnellere Erholung.
Es entfallen weitgehend die langen Nüchternheitsphasen vor operativen Eingriffen: Flüssige Kost darf noch am Tage vor der OP gegessen werden, bis 2 Stunden vor der OP darf getrunken werden. Am OP Tage selbst wird der Kostaufbau bereits wieder mit Joghurt und Tee begonnen.
Es finden moderne Anästhesie- und Narkoseverfahren Anwendung, die in höchstem Maße Scherzfreiheit garantieren
Es kommen wenn möglich minimal-invasive Operationsverfahren zum Einsatz („Schlüsselloch-Chirugie")
In intensivem Zusammenspiel mit der Krankenpflege erfolg bereits ab dem Tage der OP die Mobilisation

Bei welchen Operationen kommt die Fast-Track-Rehabilitation zum Einsatz?
Das Verfahren der Fast-Track-Rehabilitation bezieht sich im wesentlichen auf die Vor- und Nachbehandlung und ist damit prinzipiell unabhängig von der Art der Operation.
Die Fast-Track-Rehabilitation kommt sowohl bei offenen als auch bei laparoskopischen Eingriffen („Schlüssellochchirurgie") zum Einsatz.
Das heißt: Fast-Track kann im Prinzip bei allen Operationen zur Anwendung kommen.

Besonders geeignet sind:
o Alle Eingriffe am Dickdarm und Dünndarm, z.B. Darmkrebs, Divertikel, chronisch entzündliche Darmerkrankungen etc.
o Eingriffe bei Sodbrennen / saurem Aufstoßen (Reflux)
Eingriffe wie z.B. Leistenbrüche, Bauchwandbrüche, Blinddarm, Schilddrüse etc. gehen ohnehin mit kurzen Aufenthaltszeiten einher.
Weniger geeignet sind:
o Operationen, die mit Nähten am oberen Verdauungstrakt einhergehen:
z.B. Operationen an der Speiseröhre, am Magen, an der Bauchspeicheldrüse.
Haben Sie den bei Ihnen geplanten Eingriff nicht gefunden? Bitte fragen Sie uns! Wir beraten Sie gerne, ob das Fast-Track-Konzept in Ihrem Fall empfehlenswert ist!

Gibt es andere Einschränkungen, die „Fast-Track" verhindern könnten?
„Fast-Track" erfordert die Mitarbeit des Patienten! Demgemäß könnten die folgenden Eigenschaften sich hemmend auswirken:
o Schwere Vorerkrankungen
o Schwere körperliche Gebrechen
Alter ist kein Ausschlußkriterium!

Wenn Sie wissen möchten, ob bei Ihnen das Fast-Track-Verfahren angewendet werden kann, fragen Sie uns! Wir beraten Sie gerne!
Welche Erfahrungen bestehen am Klinikum Krefeld mit der Fast-Track-Methode?

Wir wenden die Methode seit Januar 2005 an.
Die Patienten gaben uns bisher ausschließlich positive Rückmeldungen
Wir verwendeten die Methode vor allem bei Dickdarmeingriffen und Refluxeingriffen.
Das Durchschnittsalter lag bei 60 Jahren.
Die Verweildauer nach der OP liegt im Durchschnitt bei 5,8 Tagen."


Das Evangelische Krankenhaus in Bergisch Gladbach äußert dazu:
 
"Fast-Track-Chirurgie oder auch „Enhanced Recovery After Surgery (ERAS) wurde initial in Dänemark entwickelt und in USA und Skandinavien weiterentwickelt.
Es ist als ein vielschichtiger und vor allem fachübergreifender Behandlungsweg zur möglichst raschen Erholung nach einem operativen Eingriff zu verstehen.

Wesentliche Elemente dieser Behandlung sind:
Kombinierte Narkose-Verfahren mit Schmerztherapie über eine rückenmarksnahen Schmerzkatheter
Schmerzarmer Zugangsweg zum Operationsweg, „minimal invasiv“, wenn möglich
Mobilisation des Patienten bereits am Operationstag, intensive Krankengymnastik
Rascher Kostaufbau nach der Operation
Intensive Schmerztherapie nach der Operation unter Vermeidung von nebenwirkungsträchtigen opiathaltigen Schmerzmitteln.

Die Vorteile für den Patienten sind:
Bessere und intensivere Schmerzausschaltung
Schnellere Erholung
Frühere Belastbarkeit
Geringere Komplikationsraten
Ggf. Verkürzung des stationären Aufenthaltes"


Jetzt suche ich noch KollegInnen und natürlich auch SchülerInnen, die mir weiteres dazu sagen/schreiben können.
Über jede Verlautbarung und/oder Hinweis und/oder Praxiserfahrung usw. würde ich mich freuen!
Thomas Beßen





Quellen:
http://www.br-online.de/umwelt-gesundheit/thema/fast-track-chirurgie/krankenhaus.xml
http://de.wikipedia.org/wiki/Fast-Track-Chirurgie
http://www.klinikum-krefeld.de/Kliniken/Chirurgie/Viszeralchirurgie/Fast_Track.htm
http://evk2007.oevermann.de/Fast-Track.aspx
 
« Letzte Änderung: 24. Juli 2007, 17:44:11 von Thomas Beßen »
Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline Alucard

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Re: Fast-Track-Chirurgie
« Antwort #1 am: 24. Juli 2007, 18:44:47 »
OMG....Zuerst Fast Food und nun das....Fast-Track-Chirurgie

Also ganz erlich habe mir das jetzt durchgelesen aber nichts gefunden was da groß anders laufen soll als es bisher der fall war außer das es "schneller sein soll" jo damit wieder ein bett frei wird da finden sich nur Wirtschaftliche Gründe und keine Vorteile für Ärzte oder Pflegepersonal(auch wenn es in dem text abgestritten wird).

Das war mein erster eindruck davon wenn ich etwas mehr zeit habe werde ich es weiter Analysieren und meine Meinung dazu sagen.

LG
Alucard
I kiss you from your feet
To your open mouth

I can hear you cry
When your blood begins to flow

I can smell your flesh
I can see your greedy eyes

You like to kiss me
With your bloody lips

Ragnhild

  • Gast
Re: Fast-Track-Chirurgie
« Antwort #2 am: 03. Oktober 2007, 01:12:44 »
Kommt es nur mir so vor (unsere Bauchchirurgie ist nicht die "weltbeste"), oder nehmen die Anastomoseninsuffizienzen seit der Einführung des "Fast Track" zu?