„Die Hälfte der Diabetes-Amputationen müsste nicht sein"Diabetologe Maximilian Spraul kritisiert die Fallpauschalen der Bundesregierung
Die Hälfte der Amputationen, die als Folge einer Diabetes-Erkrankung durchgeführt werden, seien unnötig, sagt der Diabetologe Prof. Maximilian Spraul. "Das ist auch eine Forderung der Internationalen Diabetesgesellschaft (IDF): Durch Vorsorge und gute Behandlung sind 50 Prozent weniger zu erreichen. In Deutschland haben wir dies sicherlich nicht erreicht, anders in Dänemark oder in einzelnen Bezirken Schwedens." Häufig sorgen verengte Gefäße im Bein dafür, dass der Fuß nicht mehr richtig durchblutet wird.
Der Gefäßchirurg Dr. Gerd Rudolf Lulay schildert: "Leider bekommen wir in der Klinik diabetische Füße erst relativ spät zu Gesicht, wenn man es mit Vorerkrankungen wie erheblichen Infekten oder Knochendestruktionen zu tun hat. Man müsste fordern, dass der Diabetiker mit den entsprechenden Korisikofaktoren, sich frühzeitig in eine Gefäßbehandlung begibt, sobald eine Läsion am Fuß festzustellen ist."
"Manchmal werden die Patienten vom Chirurgen betreut oder vom Gefäßchirurgen, manchmal vom Hautarzt, manchmal vom Hausarzt", sagt Spraul. "Keiner ist richtig zuständig oder alle sind zuständig. Wenn Sie den Unterschenkel abschneiden, haben Sie nach 14 Tagen den Patienten entlassen und er geht in eine Rehabilitation, die die Kasse zahlen muss, aber nicht das Krankenhaus - und das Krankenhaus hat daran verdient. Wenn wir einem Patienten das Bein erhalten und ihn sechs oder acht Wochen stationär behandeln, was häufig der Fall ist, dann bekommt unser Krankenhaus dafür weniger Geld. So lange das so ist, werden auch sicherlich weiterhin in kleineren Krankenhäusern ohne spezialisierte Abteilung fleißig Unterschenkel amputiert werden."
"Wir laufen in die richtige Richtung", sagt dagegen Dr. Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit. 2004 führte es die Fallpauschalen ein. "Wir haben in den vergangenen Jahren die Fortschritte gemacht, die wir damals wollten mit den den strukturierten Behandlungsprogrammen und den dort vorgesehenen Honoraren. Wir haben weniger Komplikationen, weniger schwere Fälle und das zeigt, dass die Behandlungskonzepte und deren Finanzierung im Grundsatz richtig aufgestellt sind."
62.000 Mal amputieren Chirurgen jedes Jahr in Deutschland am diabetischen Fuß. Der Diabetes stört nicht nur die Durchblutung von Bein und Fuß, sondern lässt auch die Nervenstränge absterben, so dass der Patient die Verletzung seiner Gliedmaßen nicht bemerkt, selbst wenn sie gebrochen sein sollte.
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