Autor Thema: Der Welt-Hepatitis-Tag  (Gelesen 4828 mal)

Offline Thomas Beßen

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Der Welt-Hepatitis-Tag
« am: 19. Mai 2009, 06:58:09 »
Weltweit leidet jeder zwölfte Mensch an chronischer Hepatitis B oder C, das sind rund 500 Millionen Menschen. In Deutschland sind rund eine Million Menschen infiziert. Am heutigen Dienstag ist Welt-Hepatitis-Tag.

Hepatitis ist eine Leberentzündung, die zunächst unbemerkt verläuft. Unbehandelt können nach Jahren Zirrhose (Narben) und Krebs entstehen.

Gefährdung: Hepatitis B wird durch ungeschützten Sexualkontakt oder Blut übertragen (gemeinsam genutzte Drogenbestecke/unsteriles Piercing). Neugeborene, deren Mutter infiziert ist. Schutz ist durch Impfung und Safer Sex möglich.

Hepatitis C wird durch infiziertes Blut übertragen. Gefährdet sind Menschen, die vor 1991 Blutprodukte bekommen haben oder gemeinsam Drogenspritzen benutzen. Auch bei Tätowierungen oder Piercing kann das Virus übertragen werden, wenn nicht steril gearbeitet wird. Sexuell wird Hepatitis C relativ selten übertragen. Die Behandlung erfolgt über Medikamente.

Ob Sie zu einer Risikogruppe gehören zeigt ein Online-Test: www.lebertest.de

Telefonische Sprechstunde unter Tel.: 0 18 05 / 45 00 60 (montags bis donnerstags, 14 bis 16 Uhr, 0,14 Euro/Min.).

Deutsche Leberhilfe, Krieler Str. 150, 50935 Köln, Tel.: 02 21 / 28 29 980, www.leberhilfe.org

Deutsche Leberstiftung, Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover, Tel.: 05 11 / 53 26 811, www.deutsche-leberstiftung.de

Welt-Hepatitis-Tag
www.binichdienummer12.de www.welthepatitistag.info

Veranstaltungen im Rhein-Main-Gebiet: Frankfurt, 19. Mai, ab 17.30 Uhr: Arzt-Patienten-Seminar "Frankfurter Leberforum", Universitätsklinikum Frankfurt, Hörsaal 2, Haus 22 (1. OG), Theodor-Stern-Kai 7.

Mainz, 19. Mai, 10 bis 17 Uhr, Messung der Leber-Blutwerte, Mainz Innenstadt, an der Römerpassage (Nordausgang / Adolf- Kolping-Str.)

Offenbach, 19. Mai, 9 bis 12 Uhr: Kostenloser Leber-Test im Zentrallabor, Klinikum Offenbach, Medizinische Klinik II, Zentrallabor (Erdgeschoss), Starkenburgring 66.

Alle Infos aus der Frankfuter Rundschau von heute...
Einen guten Morgen wünscht
Thomas Beßen



Angriff auf die Leber - Infektionen mit Hepatitis-Viren 

von Karl-Heinz Karisch

"Was war schlimmer? Das Unverständnis von Freunden oder die Ungewissheit? Rudolf Schweizer fällt die Antwort darauf schwer. Der heute 65-Jährige hatte vor gut 30 Jahren während einer Operation eine Blutkonserve erhalten. Doch die bescherte ihm eine lange Leidenszeit; das Blut war mit dem Hepatitis-C-Virus verseucht.

Schweizer erkrankte an einer Leberzirrhose. "Jahrelang machte ich Therapien durch, die nichts halfen, und Untersuchungen, die zu nichts führten", erinnert er sich. Denn das Virus ist erst seit 1989 nachweisbar. "Ich war einer der ersten Patienten, die diagnostiziert wurden", berichtet der frühere kaufmännische Direktor eines Krankenhauses. Auf eine wirksame Therapie musste er weitere 13 Jahre warten. Die hatte allerdings so starke Nebenwirkungen, dass er den Beruf aufgeben musste. "Aber ich habe es geschafft, das Virus zu besiegen", sagt er. Geblieben ist ihm der Schaden an der Leber.

"Die chronische Virushepatitis - eine Entzündung der Leber - ist ein globales Gesundheitsproblem", sagt Professor Stefan Zeuzem von der Uniklinik Frankfurt am Main. "Unbehandelt können eine chronische Hepatitis B oder C nach Jahren zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen", erläutert der Mediziner. In Deutschland seien nach Schätzungen etwa eine Million Menschen betroffen.

Infektionen durch Blutprodukte, wie bei Rudolf Schweizer, gibt es nach Angaben von Professor Zeuzem in wohlhabenden Ländern wie Deutschland heute extrem selten, weil die Spender seit 1999 auf Hepatitis C getestet werden. Allerdings würden auch heute noch 17 Prozent aller Diagnosen einer Hepatitis C bei Personen gestellt, die sich vor 1999 über Blutprodukte infiziert hätten. Neben wenigen spektakulären Fällen, bei denen in Arztpraxen unsterile Spritzen mehrfach verwendet worden sind, stellen heute Konsumenten harter Drogen die Hauptgruppe der Neuinfizierten.

In dieser Woche stellte Zeuzem die ersten Ergebnisse einer neuen Behandlungsmethode für Hepatitis C vor, die die derzeitige Standardbehandlung um einen Protease-Hemmer (Telaprevir) erweitert. Bei der Protease handelt es sich um ein Enzym, das ein virales Eiweiß funktionsfähig macht. Sobald die Protease blockiert wird, kann sich das Virus nicht mehr vervielfältigen. Solche Protease-Hemmer haben bereits die Therapie von Aids revolutioniert. Wie Zeuzem berichtet, konnte bei den Hepatitis-C-Patienten die Behandlungsdauer um die Hälfte auf sechs Monate verkürzt werden, die Heilungsrate stieg von 50 auf 70 Prozent (New England Journal of Medicine).

Der Frankfurter Mediziner bedauert, dass es für Hepatitis zu wenig Lobbyarbeit gibt. "An Hepatitis sterben heute dreimal so viele Menschen wie an Aids." Aber im Gegensatz zur Immunschwächekrankheit sei Hepatitis ein "stiller Killer", die Patienten stürben leise nach Jahrzehnten des Leidens. Auch das Bild vom Alkoholiker, der sein Leberleiden selbst zu verantworten habe, stimme heute nicht mehr: "Alkohol ist bei weitem nicht die einzige wichtige Ursache für Lebererkrankungen."

Einen meist gutartigen Verlauf nimmt eine Infektion mit Hepatitis A. Das Virus wird mit dem Stuhl ausgeschieden und bei schlechter Hygiene leicht übertragen. "Im Kindesalter ist das eine harmlose Infektion, infizierte Erwachsene können dagegen sehr krank werden", erläutert Zeuzem, das gehe bis hin zur Zerstörung der Leber. Typisch seien Übertragungen durch Muscheln. Eine große Epidemie mit Hepatitis A habe es in den USA durch Erdbeeren und Zwiebeln gegeben, die mit verseuchten Fäkalien gedüngt worden seien. Chronisch wird die Hepatitis A jedoch nicht.

Gegen Hepatitis A und B gibt es eine Impfung. Die Impfung gegen Hepatitis B schützt zugleich gegen die sehr seltene Hepatitis D. Dieses Virus ist auf die Hülle von Virus B angewiesen, tritt also immer zusammen mit Hepatitis B auf. Bei Infektionen mit beiden Viren kommt es zu schwierigen Krankheitsverläufen.

Hepatitis B ist vor allem deshalb so gefährlich, weil das Virus hundertmal ansteckender ist als etwa das Aids-Virus. Hauptübertragungsweg ist ungeschützter Sexualverkehr . Die türkische Medizinerin Selda Berket-Yücel wies jedoch nach, dass selbst im Schweiß von infizierten Ringern noch Viren zu finden sind. Da auch in anderen Sportarten mit engem Körperkontakt, wie Boxen oder Rugby, offene Wunden recht häufig sind, könnten so Hepatitis-Viren übertragen werden (British Journal of Sports Medicine, 2007).

Die Deutsche Leberstiftung bot deshalb im vergangenen Jahr vor den Olympischen Spielen in China den beteiligten deutschen Sportlern einen kostenlosen Test sowie Impfungen an. Rund 200 Sportler nahmen das Angebot an. Dabei zeigte sich, dass jeder vierte Sportler ausreichend Antikörper gegen Hepatitis A und B hatte, also immun ist. Bei 43 Prozent der Sportler war kein ausreichender Schutz vorhanden. Die Aktion wurde von Oberarzt Heiner Wedemeyer von der Medizinischen Hochschule Hannover betreut. "Das Beispiel unserer Olympiateilnehmer zeigt, dass der Impfschutz gegen die Infektion mit Hepatitis A und B in Deutschland unzureichend ist", sagt er. Während in den reichen Industriestaaten Blutkonserven standardmäßig vor dem Einsatz auf Hepatitis C getestet werden, können sich ärmere Länder das oft nicht leisten. Eine Arbeitsgruppe um Jan Felix Drexler vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg hat jetzt einen neuen Test entwickelt, der erheblich preiswerter ist - und genauso sicher. "In Brasilien kostet ein handelsüblicher Test mehr als 100 Dollar - wir liegen dagegen bei knapp 19 Dollar", berichtet Drexler. Davon sind allein zehn Dollar Lizenzgebühren für Pharmafirmen, die Patente auf das Genom des Hepatitis-C-Virus besitzen.

Für Drexler ist der neue Test ein "Durchbruch bei der Eindämmung der Krankheit - schließlich sind Bluttransfusionen ein wichtiger Verbreitungsweg." Mit dem Test lässt sich zudem die Menge der Viren im Blut bestimmen. Deshalb eignet er sich auch, um den Erfolg einer Therapie zu kontrollieren. "Manchen Patienten erspart man so eine monatelange und entsprechend teure Behandlung - inklusive der unangenehmen Nebenwirkungen", meint der Virologe. Immerhin können heute 60 Prozent der Betroffenen dauerhaft geheilt werden. Eine Schutzimpfung gibt es für das Hepatitis- C-Virus aber noch nicht.

Da die Europäer reiselustige Menschen sind, gibt es in der Union inzwischen Empfehlungen für den Umgang mit Hepatitis. "Ganz Europa muss an einem Strang ziehen, denn die Viren machen an keiner Grenze halt", sagt der Hannoveraner Professor Michael Manns, Vorsitzender des Kompetenznetzes Hepatitis. Unbehandelte Hepatitis B oder C könne zu einer andauernden Leberentzündung führen. "Das Lebergewebe wird dabei zerstört und die Leistungsfähigkeit des wichtigen Entgiftungsfilters verringert sich enorm", erläutert Manns. Bei sehr schwerem Verlauf, etwa bei Krebs, könne nur noch eine Lebertransplantation helfen. Deshalb müsse vor allem unter Risikogruppen für Impfungen und frühzeitige Tests geworben werden.

Vorbeugung ist generell die beste Medizin. Allerdings gibt es nach Angaben von Professor Peter Schirmacher, der Tagungspräsident des Internationalen Lebertreffens im Januar in Heidelberg war, hoffnungsvolle Ansätze für neue Therapien. Besonders Patienten mit Lebertumoren oder chronischer Hepatitis profitierten von der schnellen Anwendung neuer Forschungsergebnisse. "So ist mit dem Wirkstoff Sorafenib seit 2008 das erste Medikament auf dem Markt, das Tumorwachstum auf molekularer Ebene gezielt bremst", berichtet der Heidelberger Tumorspezialist. "Weitere Präparate befinden sich in der präklinischen Testphase oder in klinischen Studien."

Neue maßgeschneiderte Wirkstoffe, die die Vermehrung von Hepatitis-Viren an exakt bestimmten Stellen blockieren, seien im Kommen. "Auch die möglichen Nebenwirkungen des zur Behandlung eingesetzten Interferons - Depressionen und Symptome wie bei einer Grippe - sind durch neue Therapiekonzepte verringert worden", berichtet Schirmacher.

Die Patienten hätten heute und vor allem in Zukunft eine bessere Chance auf Heilung bei geringerer Belastung. Schirmacher ist vorsichtig optimistisch: "In diesen Bereichen ist viel Bewegung.""


Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wissen_und_bildung/aktuell/?em_cnt=1760735&em_cnt_page=1 20090519 06:55 h







Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.