Autor Thema: Pflege-Akademiker ans Patientenbett!  (Gelesen 2272 mal)

Offline Thomas Beßen

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Pflege-Akademiker ans Patientenbett!
« am: 23. April 2021, 05:10:26 »
"Nach dem Aus für die Pflegewissenschaftliche Fakultät in Vallendar stellt sich die Frage: Was wird aus der Akademisierung der Pflege? Der Akademieleiter der RKH-Kliniken hätte da eine Idee – ein Kommentar von Tilmann Müller-Wolff" unter https://www.pflegen-online.de/pflege-akademiker-ans-patientenbett

Guten Morgen!
Thomas Beßen
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Offline ChrisWeb

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Re: Pflege-Akademiker ans Patientenbett!
« Antwort #1 am: 23. April 2021, 20:41:51 »
Ich arbeite mit meinem Hochschulabschluss und Ausbildungsabschluss "am Patientenbett". Das traurige/ das Problem ist, dass Arbeitgeber den höheren Abschluss (Bachelor) nicht zu schätzen wissen und/oder kein Geld dafür ausgeben wollen. Ich bin in der Gehaltsstufe, in der auch andere Fachkräfte sind, ohne Aufschlag und ohne irgendwelche Sonderleistungen wegen des Bachelors.

Bis jetzt hat sich der zusätzliche Abchluss noch nicht finanziell positiv ausgewirkt- ich hoffe, das wird er in Zukunft. So erreicht man nur, dass sich die, die einen vorzuweisen haben, das Gefühl einer "Herabschätzung" verspüren. Die Personen, die fraglich einen machen möchten erfahren auf diese Weise, dass es sich "nicht lohnt" und damit wird die Pflege in Deutschland vermutlich noch lange auf einem "reinen Ausbildungsniveau" bleiben. Manch ein Patient  (und leider auch manch ein Arzt) sieht die Pflege immer noch als "den Hinterabschwischer Beruf mit Kompetenzen im Bereich der Essenstablettenausteilung und Grundkenntnissen im Bereich der Zimmerreinigung". Einem Arzt, der sich mal vor mich gestellt hat und gemeint hat "er hat studiert", konnte ich mit einem leichten lächeln antworten- "ich auch" :lol:

Ich habe selber schon die Erfarung gemacht, dass gewisses Hintergrundwissen, welches im Rahmen des Studiums gelehrt wird (bzw. auf dessen Basis man aufbauen kann) in Gesprächen mit Kollegen/Ärzten/Patienten/Anhehörigen helfen kann und auch die Ärzte (besonders die Assistenzärzte) dieses auch zu schätzen wissen.
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Offline IKARUS

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Re: Pflege-Akademiker ans Patientenbett!
« Antwort #2 am: 24. April 2021, 09:27:21 »
Warum erstaunen mich die Zeilen vom Chris nicht?
Die mangelnde Anerkennung hochqualifizierter Pflegefachexperten - selbst in der eigenen Berufsgruppe - ist ja nicht Neues. Und da redet die Berufsgruppe von Professionalisierung! Für mich gibt es fachliche Unterschiede zwischen einem Schüler (Novize) und einem BSN/MSN (Experte). Was aber nach meiner Erfahrung schief läuft ist das menschliche Gefälle im Umgang mit Schülern und Mitarbeitern/Vorgesetzten. Auch dieses Trennung der Sachverhalte gelingt nicht Jedem!
Es ist schön zu lesen Chris, wenn du schreibst, dass dir das erworbene Fachwissen bei der Argumentation für das Tun hilfreich ist. Ja genau das ist der kleine aber wichtige Unterschied. Experten können ihr Tun reflektieren mit mittels Argumentationen begründen. Der Laie - selbst mit jahrzehntelanger Erfahrung mit oft mit  tradiertem Wissen sein Tun erklären wollen. Kommt aber sehr früh an seine Grenzen. Mir geht es darum, dass wir als Berufsgruppe/Profession mehr und mehr unser Tun begründen können, aber das stößt oft auf Unverständnis so manch Anderer.
Ich kenne eine studierte Kollegin, die mir mal sagte (die Quelle habe ich leider nicht mehr!), dass es tariflich geregelt sei, dass BSN und/oder MSN einen tariflichen Anspruch hätten auf eine angemessenen Eingruppierung. Ich weiß aber nicht, ob das einklagbar wäre.
Ich selber habe mal in einem Bewerbungsgespräch so argumentieren können, dass ein AT-Vertrag herausgekommen ist.
Wünsche dir viel Erfolg beim Erreichen einer gerechten Entlohnung - weil  Du sie dir erarbeitet hast.

Sonnige Grüße aus Essen, Michael Günnewig

Offline ChrisWeb

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Re: Pflege-Akademiker ans Patientenbett!
« Antwort #3 am: 25. April 2021, 14:59:59 »
Danke für deine Worte IKARUS.

Bei meiner Vertragsverhandlung war die Argumentation in die Richtung, dass nicht nach Qualifikation, sondern nach Einsatz/ Verwendung bezahlt wird. Da ich nun mal "am Patientenbett" stehe, erhalte ich auch das Gehalt für jemanden (=ausgebildete Fachkraft), der am Bett steht. Um am Patientenbett zu arbeiten ist ein Bachelor eben nun mal keine Voraussetzung. Der Tarifvertrag sieht eine Höherstufung in solchen Konstellationen auch nicht vor (= Klage hätte wohl keinen Erfolg). Evt. sollte man auch dies kritisch hinterfragen.

Wer möchte noch für Qualität bezahlen, in einer "billig, will ich" Gesellschaft?
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Offline IKARUS

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Re: Pflege-Akademiker ans Patientenbett!
« Antwort #4 am: 25. April 2021, 15:19:34 »
Genau so sehe ich das ja auch Chris. Klagen hat keinen Sinn. Was wir machen können ist aber, dass wir den Pflege-Managern entgegenkommen, wenn sie Unterstützung benötigen. Ich empfinde es als eine Frechheit gegenüber dem qualifizierten Berufsnachwuchs. Aber das ist ein berufsgruppeninternes Problem, welches sich kaum lösen lässt, so lange die "eigene Klientel" ihren Nachwuchs mit Füßen tritt. Ich glaube auch nicht, dass ver.di, DPR, DBfK hilfreich flankierend tätig werden, denn sie halten sich üblicher Weise aus dem Tagesgeschäft heraus.
Hättest Du denn die Möglichkeit, dass Du nach Qualifikation bezahlt werden könntest = Arbeitsplatzwechsel, oder bist du örtlich/familiär gebunden? Ich konnte mich mal bei einem PDLer "bedanken". Nach meinem Weggang musste er seine Schule schließen. Es gibt Möglichkeiten sich zu wehren.

Sonnige Grüße aus Essen, Michael

Offline Thomas Beßen

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Re: Pflege-Akademiker ans Patientenbett!
« Antwort #5 am: 05. Mai 2021, 08:33:00 »
Siehe auch "Akademisierung: Schaut ins Ausland, ran ans Bett!" unter https://www.pflegen-online.de/akademisierung-schaut-ins-ausland-ran-ans-bett

Mit flüchtigen Grüßen
Thomas Beßen
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Offline IKARUS

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Re: Pflege-Akademiker ans Patientenbett!
« Antwort #6 am: 05. Mai 2021, 09:06:06 »
Nicht nur Pflege-Wissenschaftler sollten auf Station arbeiten. Das sollten auch Pflege-Lehrkräfte tun!!
Es ist eine Frage der Arbeitsorganisation!
Hier könnten wir in andere Berufsgruppen sehen, wie die das für sich organisiert haben. Es ist nämlich möglich!!
Was aber nicht zu einer Gleichmacherei führen sollte, ist, dass höher Qualifizierte (ich meine hier das fachliche Niveau!!), zum gleichem Lohn eingesetzt werden.
 Wo liegt dann der Reiz, sich weiterzubilden?
Eine hochqualifiziert Fachkraft bekommt mehr mit während der Arbeit als ein Berufsnovize! Das könnte sich das Management zu nutze manchen, um den "Mehrwert" für die Pflege-Allgemeinheit zu nutzen. Aber so mancher PM schaut ja überwiegend nur auf die kurzfristigen Ziele, statt dass sie den Nachwuchs fördern mit einer adäquaten Entlohnung. Es kann nicht sein gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das ist zu kurz gedacht. Ein Experte kann kostengünstiger arbeiten als ein Novize!!

Ich denke, wir sind als Menschen gleich, aber nicht als ausgewiesene fachkompetente Experten für PFLEGE gegen über anderen. Hier habe ich meine Kompetenzen für die PFLEGE.
Ich will gar nicht mit einem VL, BWLer, ... auf Augenhöhe sein. Habe ich das Feld doch gar nicht "bestellt".
Ich wünsche mir ein Miteinander auf menschliche Augenhöhe.   Mit dem Schüler/Novizen menschlich auf Augenhöhe, aber mit der Kompetenz ausgestattet Anordnungen/Anweisungen geben zu dürfen/müssen.

Wenn ich mich an meine Handwerkszeit erinnere, dann das ein Meister mich menschlich fair behandelte und ich ihm wegen der Fachkompetenz gefolgt bin. Das Zusammenwirken der unterschiedlichen Berufsgruppen am Bau hat so lange geklappt, wie sich die Akteure menschlich respektiert haben. Es kippte erst. als sich so mancher auf Kosten des anderen profilieren wollte.

Beste Grüße aus Essen, Michael Günnewig

Offline dino

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Re: Pflege-Akademiker ans Patientenbett!
« Antwort #7 am: 05. Mai 2021, 12:31:20 »
Moinsen miteinander,
also lieber Ikarus, als jemand der erst ein paar Tage im Job ist möchte ich Deine Ausführungen nicht unkommentiert lassen.

Nicht nur Pflege-Wissenschaftler sollten auf Station arbeiten. Das sollten auch Pflege-Lehrkräfte tun!!
Es ist eine Frage der Arbeitsorganisation!

Mal etwas Realität gefällig? Der Markt für Lehrkräfte ist so gut wie leer. Das ist keine Frage der Organisation, sondern der man power. Die Entlohnung der Lehrkräfte müßter hier so angehoben werden, das es sich lohnt.
Welche Berufsgruppen hast Du da so im Sinn? Die Ärzte haben ungefähr die selbe Problematik wie wir, Psychologen auch.

Eine hochqualifiziert Fachkraft bekommt mehr mit während der Arbeit als ein Berufsnovize! Das könnte sich das Management zu nutze manchen, um den "Mehrwert" für die Pflege-Allgemeinheit zu nutzen. Aber so mancher PM schaut ja überwiegend nur auf die kurzfristigen Ziele, statt dass sie den Nachwuchs fördern mit einer adäquaten Entlohnung. Es kann nicht sein gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das ist zu kurz gedacht. Ein Experte kann kostengünstiger arbeiten als ein Novize!!

Mal von der hochtrabend blumigen Semantik abgesehen, was willst Du uns damit sagen? Sollen wir nun unsre Schüler als Novize ansprechen. Wenn ich das täte würde echt jeder denken ich hätte was an der Waffel. Kometenz zeigt sich nicht in der Semantik. Ganz klar ist ein Examinierter gegenüber einem Schüler weisungsbefugt. Im Umkehrschluß erwarte ich von einem GKP das er sein Handeln nachvollziehbar erklären kann. Und zwar so, daß ihn der Schüler versteht. Wir nehmen in der Ausbildung nicht an dem Quiz: Wer kennt die meisten Fremdwörter? teil.

Wenn ich mich an meine Handwerkszeit erinnere, dann das ein Meister mich menschlich fair behandelte und ich ihm wegen der Fachkompetenz gefolgt bin. Das Zusammenwirken der unterschiedlichen Berufsgruppen am Bau hat so lange geklappt, wie sich die Akteure menschlich respektiert haben. Es kippte erst. als sich so mancher auf Kosten des anderen profilieren wollte.

Ich gehe ich mit Dir zu 100% daccord, Handwerksmeister können auch ohne Studium oder blumige Semantik schwierige Zusammenhänge nachvollziehbar erklären.

VG
dino

Offline IKARUS

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Re: Pflege-Akademiker ans Patientenbett!
« Antwort #8 am: 05. Mai 2021, 12:44:12 »
Dino! Es ist doch schön, wenn Du meine Post kommentierst.
Ich kenne Lehrkräfte und PDLer die sich über Jahre nicht in der Praxis haben blicken lassen. Das ist mein Hintergrund!!
JA, auch der Chefarzt, so wie ich ihn/sie kenne, haben sich regelmäßig auf den Stationen und im OP/Fachabteilungen/Endoskopien/...  regelmäßig arbeitstechnisch und mitwirkend blicken lassen. Es geht also wenn man will.
Ich selber habe als angestellte Lehrkraft auch die Praxisanleitung ausgeführt und bestimmte Büroarbeiten delegiert.
Was für dich sprachlich "blumig" erscheint/wirken mag, kann man auch anders betrachten.
Ich habe den Umgang mit Menschen im Handwerk gelernt - du bist ja hier mit meiner Einlassung dacor, wie du schreibst.
Meine Erfahrungen in den Krankenhäusern waren von einem "Gefälle" gekennzeichnet, dass Du wahrscheinlich so nicht erleben musstest. Hier haben wir unterschiedliche Erfahrungen.

Ja!! Novize ist ja keine Beleiddung.
Es gibt von Patricia Benner eine hervorragende Arbeit zu diesem Thema "Vom Novizen zum Experten"
Regnerische Grüße aus dem Pott, Michael

Offline dino

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Re: Pflege-Akademiker ans Patientenbett!
« Antwort #9 am: 05. Mai 2021, 13:31:08 »
Wahrscheinlich ist bei uns die Zusammenarbeit mit der Schule etwas Anders, da wir auch Unterricht geben. Ich sehe das Wort Novize auch nicht als Beleidigung, sondern sprachlich nicht mehr zeitgemäß. Oder halt auch blumig.
Von wann stammen Deine Erfahrungen? Die Tätigkeiten der Betriebsstättenleitungen ist einem steten Wandel unterworfen. Was uns Allen fehlt sind Zeiteinheiten. Wir haben in Deutschland einen gewissen Pflege/Arztmangel. Ich kann mich auch noch daran erinnern das früh Morgens unser Pflegedirektor und abends nach 17:00 unser ärztlicher Direktor über die Stationen ging. Dies ist aber heute einfach nicht mehr darstellbar..

VG
dino