pflegesoft.de - das Pflege(aus)bildungsforum

4 Lernfeld Praxis => Pflege nach Schwerpunkten => CE8 Krisen / Begleitung in letzter Lebensphase / Palliative Care => Thema gestartet von: Thomas Beßen am 24. Mai 2016, 05:23:41

Titel: Berufsfeld Palliative Care: Ein emotionaler Seiltanz
Beitrag von: Thomas Beßen am 24. Mai 2016, 05:23:41
Ein Interview mit Andrea Ott, Leiterin Pflege und Betreuung im Zürcher Lighthouse* unter http://www.pflegeportal.ch/pflegeportal/Berufsfeld_Palliative_Care_Ein_emotionaler_Seiltanz.php

Guten Morgen!
Thomas Beßen

* http://www.zuercher-lighthouse.ch/
Titel: Re: Berufsfeld Palliative Care: Ein emotionaler Seiltanz
Beitrag von: dino am 24. Mai 2016, 05:35:16
Dazu muss man auch lernen, in seiner Freizeit abzuschalten und neue Energie zu schöpfen.
 

Guter Satz, trifft er doch auf alle Fachbereiche zu.
Titel: Re: Berufsfeld Palliative Care: Ein emotionaler Seiltanz
Beitrag von: IKARUS am 24. Mai 2016, 10:26:45
Warum beschreibt eine Leiterin einer Pflegeeinrichtung die Arbeit als "Seiltanz"? Ist es nicht ein mangelndes Verständnis der Rolle. Die Rolle-n die wir täglich einnehmen - müssen - nehmen wir ein oder verlassen diese ohne es uns bewusst zu machen. Das ist aber für mich das Entscheidende! Wir werden das Leiden unserer Patienten und Bewohner nicht immer ändern können. Was wir können ist aber das bewusste einnehmen und verlassen der Rolle als helfende und begleitende Person.  Hier liegt für mich der Knackpunkt in unserer Beruflichkeit. Ich habe es nicht in meiner Ausbildung gelernt ein Rollenverständnis zu entwickeln und auszubauen. Hier haben heute vielen Lehrende eine Aufgabe angenommen, den Pflegenachwuchs auch darin zu schulen sich abzugrenzen. Diese emotionale Distanz muss aus meiner Sicht nicht zu einer räumlichen Distanz führen. Ich bin heute davon überzeugt, dass wir Pflegenden das hinbekommen können, wenn wir uns auch dieser beruflichen Herausforderung stellen.
Dino hat völlig recht, wenn er anführt, dass wir einen guten Ausgleich zum Beruf benötigen, um den täglichen Herausforderungen gewachsen zu sein und zu bleiben.
Wir wurden in der Vergangenheit doch oft in unsern Beruf so sozialisiert, dass wir unsere Bedürfnissen hinten anstellen sollen. Ich denke, das war ein falscher Weg, der sich aber aus dem damaligen Berufs-/Rollenverständnis erklären lässt.
Wenn ich den Artikel weiter lese und verstehe, geht nur darum das Verhalten des Patienten zu besprechen und zu reflektieren. Wo bleibt die Reflektion der pflegerischen Arbeit und der Gefühle der Pflegenden?
In meinem heutigen Unterricht weise ich auf diese persönlichen Herausforderungen unseres Berufes hin. Es ist doch von entscheidender Bedeutung, warum in uns die entsprechenden Gefühle vorkommen. Verhindern können wir ja diese Gefühle nicht. Und sie unter "den Teppich" zu kehren ist ja auch nicht sinnvoll.

Ein Großteil unserer heutigen Pflegejugend kommt mit einem anderen Selbstbewusstsein in den Beruf als die Jugend von 30 Jahren. Dennoch benötigt der Pflegenachwuchs eine seelische Begleitung auf dem Weg in eine professionelle Beruflichkeit. Fachkräfte für Anatomie, Physiologie, Krankheitslehre und Pflege gibt es in den Schulen zur genüge.
Mögen wir alle vom Seiltanz zu einem festen Stand auf unserem Boden gelangen. Denn wer einen festen Stand hat, kann standhaft seine Position ein- und aushalten. Auf einem Seil ist das schwer möglich.
Beste Grüße, IKARUS
Titel: Re: Berufsfeld Palliative Care: Ein emotionaler Seiltanz
Beitrag von: dino am 24. Mai 2016, 12:12:35
Die Kollegin hat aus meiner Sicht vollkommen Recht. Ich hab den Satz aus dem Interview rauskopiert um darzustellen das er eben für Alle Fachbereiche Gültigkeit hat. Und es gibt doch auch in Allen Bereichen Pflegefetischisten die nicht an sich denken. Und gerade in dieser Einrichtung ist Abschalten wichtig. Hat sie doch Alles gut dargestellt.
Zur Sozialisation gebe ich ketzerisch zu Bedenken: Haben sich diese Leute nicht selbst sozialisiert und das Umfeld hat dies nur übernommen.
Titel: Re: Berufsfeld Palliative Care: Ein emotionaler Seiltanz
Beitrag von: Ivana am 24. Mai 2016, 21:34:56
...auch ich finde diesen Satz..
"Dazu muss man auch lernen,in seiner Freizeit abzuschalten und neue Energie zu schöpfen" gut, Dino....
was aber auch bei meiner täglichen Arbeit mit unheilbar kranken und sterbenden Menschen zutrifft,ist dieser Satz aus meinem Buch:
" Schon immer war es angenehmer, schöne,junge Menschen auf der Höhe ihrer Kraft zu sehen und nicht den Verfall,das Alter,Siechtum....
Dann doch hinzusehen mit Liebe, das kann auch eigene Kraft geben !!!...und das kann ich bestätigen...wie e im Bericht steht, profesionelle Palliative Care geht spezifisch und wertfrei auf die Wünsche de Pat.ein und es ist sehr erfüllend und zufriedenstellend für eine palliativ PK dieser Wünsche in einer Begleitung erfüllen zu können...
Was ich eher als eine Herausforderung sehe, ist die Arbeit mit den Angehörigen....
...deshalb wünsche ich mir auch..." die Enttabuisierung des Themas "Sterben" in unsere Geselschaft kann auch zu mehr Wertschätzung für das Leben an sich führen..." ...was ich auch dank meiner Arbeit bestätigen kann.

Schönen Abend!
Ivana
Titel: Re: Berufsfeld Palliative Care: Ein emotionaler Seiltanz
Beitrag von: dino am 25. Mai 2016, 09:21:24
Wenn man länger in unserem Job tätig ist sieht man irgendwann die eigenen Wehwehchen in einem anderen Licht, und ist froh, nix Ernsteres zu haben, so gehts mir.
Auch Angehörigenarbeit dürfte in allen Fachsparten mit zu den schwierigsten/anstrengdsten und problematischten Feldern gehören.

" Schon immer war es angenehmer, schöne,junge Menschen auf der Höhe ihrer Kraft zu sehen und nicht den Verfall,das Alter,Siechtum....
Es gibt auch unheilbar kranke Kinder, auch wenn gerade in der Öffentlichkeit Alzheimer und Demenz ständig präsent sind. Krankheit, Verletzung, Tod macht vor keiner Altersgruppe halt. Ein Baby nach SIDES zu reanimieren, während ein Zimmer Weiter die Mutter sitzt und alle Hoffnung auf die Typen in Rot setzt und man selber spürt, wie das Baby während der Reanimation immer kälter wird, ist auch kein Zucker schlecken.
VG
dino