NEUES vom Seniorenparkett!
Bei meinem letzten Einsatz habe ich wieder eine neue Erfahrung gemacht, die schon so oft beschrieben wurde. "Musik als Königsweg zum Dementen". Eine ältere Dame saß still in ihrer Ecke auf ihrem Stuhl und schaute dem Treiben erkennbar desorientiert zu. Wie ich oft beobachtet habe, werden Menschen wacher, wenn Musik spielt, die für sie einen Bezug zu ihrem Leben haben. Eine Mitarbeiterin aus dem Sozialdienst kam auf mich zu und sagte mir, dass die Dame tanzen möchte. Bis hierhin alles "normal!" Als ich mit ihr dann zu einem Tango tanzte machte ich eine Beobachtung, die ich beim Tango Argentino [TA] gelernt hatte.
Hier wird den Damen gesagt, dass die Brustkorbfläche ihre Informationsfläche ist, an der sie sich orientieren können, in welche Richtung der Mann tanzen will. Im Gegensatz zum Standard-Tango (der eine klare Choreographie haben kann) lebt der TA von der Improvisation. Dass heißt, dass die Dame noch mehr auf den Körper des führenden Herrn acht geben muss, damit es klappen kann.
Jetzt ist mir wichtig, dass ich mal hervorhebe, dass es beim Tanzen genügend Tanzpassagen gibt, wo der führende Herr die Rolle des geführten einnehmen muss/sollte. Immer in seiner rückwärtigen Bewegung. Wer hat schon hinten Augen? "Führen und Folgen heißt ja nicht Beherrschen und Unterordnen!"
Die ältere Dame schaute immer auf meine Brustkorb, was mir erst etwas später aufgefallen war. Bemerkt hatte ich das daran, dass sie mir immer sehr zeitnah beim Richtungswechsel gefolgt war. Das ist doch selten so "auf der freien Tanzfläche" anzutreffen. Als ich sie danach fragte, ob sie mal getanzt habe, sagte sie mir "das habe ich nicht wirklich!" Ich fragte sie weiter danach, wie sie es denn fertig bringt, mir zu folgen? Ich spüre wo hin sie sich bewegen und ich sehe es an ihrer Front. Im Prinzip wiederholte sie die Aussagen meines TA-Lehrers. Das beeindruckte mich sehr. Nun war es aber auch so, dass das beim nächsten Tanz (etwa eine halbe Stunde später) zu einem Langsamen Walzer nicht mehr so gut funktionierte. Beim nächsten Besuch will ich nachfragen, was sie mit einem Tango und einem Langsamen Walzer verbindet. Ich könnte ja dann gezielt mit ihr überwiegend/ausschließlich Tango/TA tanzen. Nach dem Motto: "Hole den Tänzer da ab, wo er steht!"
Ich hatte ja bereits am 1. März geschrieben, dass ich bei meinem Projekt den Luxus ZEIT habe. Das wird wohl im Klinikalltag fehlen!
Tänzerische Grüße, IKARUS