Autor Thema: Rechtsschutz für die Haube  (Gelesen 4598 mal)

Offline Thomas Beßen

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Rechtsschutz für die Haube
« am: 04. September 2012, 06:20:29 »
"Im Bonner Verwaltungsgebäude des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) herrschte ungewohnte Betriebsamkeit. Hastig eilten Schwestern die Treppen hinauf, verschwanden in einem betont karg eingerichteten Direktionszimmer und verließen es wieder nach kurzem Rapport.

In dem Zimmer saß steif aufgerichtet eine hagere grauhaarige Sechzigerin, angetan mit der marineblauen Ausgehuniform der Rot-Kreuz-Schwestern. Sie nahm die Lageberichte entgegen, die ihre Untergebenen ihr minuziös genau aus dem Bundeshaus überbrachten. Dort war die zweite und dritte Lesung des Krankenpflegegesetzes im Gange.

Die Dame, die diesen gut funktionierenden Kurierdienst zwischen sich und dem Parlament hatte einrichten lassen, war die Präsidentin des Verbandes Deutscher Mutterhäuser vom Roten Kreuz, Generaloberin Luise von Oertzen. Für sie und ihren Verband war das, was im Bundestag beraten wurde, von entscheidender Bedeutung. Denn das Gesetz, das die Parlamentarier berieten, hätte die Mutterhäuser zugrunde richten können.

Doch die Sorgen der Generaloberin waren verfrüht. Die Bonner Volksvertreter hatten - bis auf die SPD - darauf verzichtet, das Ziel anzusteuern, das sie sich vor fünf Jahren selbst gesetzt hatten. Angespornt durch ausländische Vorbilder und aufgeschreckt durch die Notrufe überarbeiteter und sozial ungeschützter Schwestern hatten die Abgeordneten damals einstimmig die Bundesregierung beauftragt, ein Gesetz zur Neuordnung der Krankenpflege vorzubereiten.

Doch der kühne Schwung, mit dem die Volksvertreter den Beruf der Krankenschwester rechtlich-sozial den übrigen Frauenberufen gleichordnen wollten, erlahmte im Kleinkrieg mit den Mutterhausverbänden und einem Teil der organisierten Schwesternschaften. Er reichte nur noch, wie die sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Jeanette Wolff sich ausdrückte, zur Verabschiedung eines "Gummigesetzes".

"Wir als Christliche Demokraten", hatte die CDU-Abgeordnete Dr. med. Viktoria Steinbiss ihre Parteifreunde beschworen, "können doch nicht gegen die Mutterhäuser angehen!" Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Dr. med. Hammer (FDP), war der gleichen Auffassung, und so vermied es die Mehrheit des Bundestags ängstlich, die Position der konfessionellen und der Rot-Kreuz-Mutterhäuser anzutasten. Es wurde beschlossen, nur die Berufsbezeichnung, nicht aber die Berufsausübung unter gesetzlichen Schutz zu stellen.

Das bedeutet für die Praxis, daß zwar der Rechtsschutz für Schwesternhaube und -brosche als äußeren Ausdruck der Berufsbezeichnung "Krankenschwester" verfeinert wird, daß aber die Forderung, nur examinierte Krankenschwestern zum Pflegedienst zuzulassen, unerfüllt geblieben ist. Den Mutterhäusern des Roten Kreuzes und der konfessionellen Schwesternverbände ist damit eine große Sorge abgenommen: Sie leiden unter Nachwuchsmangel und hätten Dutzende von Krankenhäusern, die sie in ihrer Obhut haben, aufgeben müssen, wenn von ihnen verlangt worden wäre, daß sie nur noch voll ausgebildete und geprüfte Schwestern für den Krankenpflegedienst verwenden. ..."


Quelle & mehr: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41757832.html

Guten Morgen!
Thomas Beßen
Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline IKARUS

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Re: Rechtsschutz für die Haube
« Antwort #1 am: 04. September 2012, 07:16:23 »
Hallo Thomas, da hast Du mal wieder was tolles "aus dem Keller" geholt. Der ganze Artikel ist sehr lesenswert und ich werde ihn mal als Kopie meinen Schülerinnen vorlegen, weil sie dann eine Vorstellung bekommen können, was unsere Berufsvorfahren erlebt haben.
Besonders hat mit die Aussage gefallen: "wollen Sie denn gebildete Schwestern?"

So mögen das ja auch heute noch manche Vorgesetzte: "hören sie mir zu, denken tue ich!"
Also: was hat sich geändert?    Doch Eininges !!

Sonnige Frühgrüße, IKARUS