Autor Thema: Physician Assistant (PA) - Entprofessionalisierung der Pflege?  (Gelesen 12491 mal)

Offline Thomas Beßen

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PRESSEMITTEILUNG

In den letzten Jahren werden vermehrt Physician Assistants (PA) ausgebildet. Dabei handelt es sich um ein Berufsbild im medizinischen Dienst, das dem Zweck dient den Facharzt in Einrichtungen im Gesundheitswesen zu entlasten. Die Ursache dafür findet sich im zunehmenden Personalmangel des ärztlichen Dienstes.

Derzeitig gibt es zwei Modelle, wobei das eine einen achtsemestrigen primärqualifizierenden Studiengang umfasst, wofür sich Schulabsolventen mit Hochschulzugangsberechtigung bewerben können. Dieses Modell beinhaltet eine einjährige Praxisphase. Das zweite und überwiegende Modell umfasst einen sechssemestrigen Studiengang. Dieses Modell zielt ab auf Pflegende, die einschlägige und zumeist langjährige Erfahrungen haben und in ihren Handlungsfeldern hochqualifiziert sind. Viele von ihnen haben darüber hinaus eine Fachweiterbildung absolviert.

Die Deutsche Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste e.V. (DGF) lehnt diese Form der Abwerbung entschieden ab. Gerade fachweitergebildetes Personal im OP-Dienst, in der Intensivpflege und Anästhesie ist ein Garant für eine gute Patientenversorgung in den dargestellten Tätigkeitsfeldern. In qualitativer Hinsicht sind diese Mitarbeiter nicht zu ersetzen, womit durch deren Abwanderung sich die jetzt schon prekäre Situation in der fachpflegerischen Versorgung verschärfen wird. Zudem wird aus einer hochqualifizierten Fachpflegekraft eine medizinische Assistentin ausgebildet, die fortan nur ärztlich delegierte Aufgaben wahrnehmen darf.

Damit vermittelt sich der Eindruck, dass nicht nur Defizite in der ärztlichen Personalstruktur ausgeglichen, sondern dass auch der selbständigen Durchführung von diversen Maßnahmenpaketen in den pflegerischen Tätigkeitsfeldern entgegengewirkt werden soll. Bei eigenem zunehmenden Personalmangel in der Pflege bedarf es dringend anderer Wege auf ärztlicher Seite, um die (noch) vorhandenen Strukturen in der Pflege nicht weiter abzubauen und eine Patientengefährdung in Kauf zu nehmen.

Verabschiedet vom Vorstand der DGF e.V. am 1.August 2018

https://www.dgf-online.de

Immer noch mit hochsommerlichen Grüßen 8-)
Thomas Beßen
Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline IKARUS

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Re: Physician Assistant (PA) - Entprofessionalisierung der Pflege?
« Antwort #1 am: 03. August 2018, 09:44:46 »
Warum soll die Schaffung der PA´s eine Entprofessionalisierung der beruflichen Fachpflege sein?
Sehe ich nicht so!
Wer OTA´s und ATA´s haben will?!

Ich bin persönlich gegen OTA´s und ATA´s, weil sie nicht multiprofessionell eingesetzt werden können. Wenn die (und die Ärzte!) es doch so wollen?!
Es wird sich kein Arzt und kein Klinikdirektor um die OTA´s und ATA´s kümmern, wenn sie menschliche Hilfe benötigen um im Pflegedienst eines Krankenhauses arbeite zu wollen/können.

Die Fachpflege (DGF) sollte sich fragen, wie sie mit den Leistungsträgern im Krankenhaus und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens die Rahmenbedingung für das fachweitergebildete Personal verbessern können, als das sie über Etwas jammern, was sie bereits vor Jahren wortlos haben sich entwickeln lassen.  Die Begleitung und Pflege von alten und kranken Menschen ist keine rein technische Aufgabe.

In den Ausbildungen der Alten- Kinder und Krankenpflege wird mehr vermittelt, als es so manche Ärzte können.

Ja, wir müssen uns weiter professionalisieren und uns in Diskussionen um unseren Beruf aktiv einbringen, damit wir Gehör finden.
Ein Ansatz ist ja getan!

Beste Grüße, Michael Günnewig

Offline dino

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Re: Physician Assistant (PA) - Entprofessionalisierung der Pflege?
« Antwort #2 am: 07. August 2018, 01:16:59 »
Erstmal müssen wir vor unserer eigenen Haustüre kehren. Die Pflege machte in den letzten Jahren nur von sich Reden wenn sie ihren Job idealisierte, sagte was sie nicht will oder zu sehr ins Philosophieren kam. Es wäre Aufgabe der DGF, alte Zöpfe abzuschneiden und zu prüfen, welche Aufgaben sie in ihr Curiculum aufnehmen soll. Unser Beruf ist absolut vielfältig, dies muss sich auch in unseren Köpfen manifestieren. Auch hier gilt: Alte Zöpfe abschneiden. Natürlich müssen die Basics von Jedem beherrscht werden. Aber die Fachrichtungen müssen sich zeitgemäß weiterentwickeln. Ich besuchte letztes Jahr das Psychiatriemuseum in der Klinik Bremen Ost. Toll aufgemacht. Anfang der 50er nannte man meinen Job Irrenwärter. Heute habe ich Aufgaben, die mit denen von Sozialarbeitern und Psychologen verästelt sind. Ich finde dies hochinteressant und spannend. Aber auch wir arbeiten auch, also was Du und Andere der Pflegefraktion unter Arbeiten verstehen. Beim Überheben pinkelte mir ein Patient spontan in den Ärmel meiner Jacke. Ein Anderer lachte Bröckchen als ich ihm die Schuhe auszog. Wenn man so liest: am Bett arbeiten, könnte man auf den Gedanken kommen, dass in der Pflegefraktion eine psychoedukative Gruppe zu leiten keine Arbeit ist. Natürlich sind die Anforderungen an eine Pflegekraft in der Geronto anders als z. B. bei einer Pflegekraft in der Dialyse. Nur muss man dies auch endlich in der Pflege so wahrnehmen. Ich verstehe auch nicht, warum Du einen Teil Deiner Ausführungen farblich unterstrichen hast. Wolltest Du damit ausdrücken, dass außer der Pflege alter Menschen der Rest keine Pflege betreibt? Leider heißt es noch Pflege, denn der Begriff Versorgung trifft es eher.
Was wird denn in der Kinder/Altenpflege mehr vermittelt als bei den Ärzten? Nichts. Es kommt immer darauf an, was wer später daraus macht. Weil mich ein KP mit Salat zwangsfütterte musste ich erbrechen. Weil eine absolut inkompetente Krankenschwester hektisch reagierte bekam ich einen Status Asthmatikus. Ich sehe mich auch nicht im Wettkampf mit anderen Berufsgruppen wer was besser kann. Das führt zu nichts.
VG
dino
« Letzte Änderung: 07. August 2018, 06:02:40 von dino »

Offline IKARUS

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Re: Physician Assistant (PA) - Entprofessionalisierung der Pflege?
« Antwort #3 am: 07. August 2018, 06:16:16 »
Wenn man Alte Zöpfe abschneiden will, muss man sich auch einbringen Dino.
Was den Unterschied angeht, wenn Ärzte eine Pflegeschule/Pflegeeinrichtung leiten ist doch landauf landab bekannt. Die meisten unterrichten Organbezogen und nicht holistisch. Da hat sich die Ausbildung der heutigen Gesundheits- und Krankenpflegeschüler erheblich weiterentwickelt. Diese beiden Gedankenansätze hatten Kinderkrankenpflegeschüler und Altenpflegeschüler schon eher in ihren Ausbildungen als Bestandteil beruflichen Handelns.
Das mag ja auch so sein in der Fachweiterbildung für die Psychiatrische Weiterbildung. In meiner Fachweiterbildung 1982 habe ich von Sorgen und Ängsten dr Patienten und wir wir damit umgehen können nichts gehört und gelernt.
Auch ist dein Ansatz richt: wichtig ist was ich aus meiner Ausbildungsgrundlage mache. Manche Schüler verkümmern, andere blühen nach der Ausbildung erst so richtig auf. Das kann sehr vielfältige Gründe haben.
Es gibt mehrere Museen die auch von engagierten Fachpflegekräften ins Leben gerufen wurden und bis heute unterhalten werden. 
VG, Michael

Offline dino

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Re: Physician Assistant (PA) - Entprofessionalisierung der Pflege?
« Antwort #4 am: 07. August 2018, 06:40:20 »
Wo bitte leiten denn Ärzte eine Krankenpflegeschule? Also mir ist keine bekannt. Ich halte es auch für Quatsch wenn man versucht Somatik gegen ganzheitlich zu vergleichen, ist doch die Somatik ein Teil des Ganzheitlichen. Mir ist jetzt nicht bekannt das Ärzte nur auf das Organbezogene achtewn. Es gibt Gerüchte darüber, die meisten stammen leider aus dem Pflegesektor. Ich machte meine Ausbildung vor fast 38 Jahren, und schon damals gab es Begriffe wie Ganzheitlichkeit. Das war in meiner 3- jährigen Ausbildung, nix Fachpflege. Könnte es sein das NRW ein anderes Curiculum hatte?
Ein Museum nur von Fachpflegekräften aufgebaut und unterhalten? Na, wenn Du Dich damit mal nicht übernommen hast. Und auch noch engagiert. Können normale Examinierte nicht engagiert agieren? Warum müssen es bei Dir entweder Studierte, Fachpflegekräfte etc sein? Ein Museum ist eine hoheHausnummer. Man wird in einem Förderverein um jedes Mitglied froh sein. Undes werden nicht nur Fachpflegekräfte sein. Ein Museum soll eigentlich die Ganzheitlichkeit einer Klinik spiegeln, und da gehören für mich alle Berufsgruppen bis zu den Handwerkern zu. Alles Andere wäre reines Kastendenken.
Zum Schluss eine Analogie wie sich "ganzheitliches" in der Notfallmedizin bewährt. Bei einem ACS sorge ich für eine ruhige Atmosphäre, sorge dafür das die Handdes Patienten gehalten wird. Warum? Ruhe und das Halten der Hand sorgen für ein Gefühl der Geborgenheit, es werden weniger Stressoren ausgeschüttet, der O² Verbrauch am Herzen sinkt. Hab ich vor sehr langer Zeit von einem sehr guten Arzt gelernt. In einem multiprosionellen Team gibt es immer mal wieder Konflikte, diese müssen ausgetragen werden. Aber deshalb grundsätzlich eine andere Berufsgruppe abzustempeln ist falsch. Die Zeit der Sippenhaftung ist vorbei.
VG
dino

Offline IKARUS

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Re: Physician Assistant (PA) - Entprofessionalisierung der Pflege?
« Antwort #5 am: 07. August 2018, 06:52:16 »
Das war früher so Dino! Das müsstest Du auch noch kennen, dass Ärzte Leiter von Pflegeschulen waren. Oder?
Heute sind sie gern gesehene Fachdozenten, auf die wir als Lehrende nicht verzichten wollen und auch nicht können. Ebenso wenig wie auf die EDVler und und und!
Ich denke wir haben unterschiedliche Erfahrungen, was aus den unterschiedlichen Berufsfeldern erklärbar wäre.
Was die Somatik angeht und was Kollegen aus der Altenpflege und Fachpflege für Psychiatrie mir beigebracht haben, ist für den tagtäglichen Umgang ein gänzlich anderer als ich ihn bis 2000 kennenlernen konnte.
Ob sich Ganzheitlichkeit in der Notfallmedizn/-pflege oder Ähnlichem bewährt, hängt für mich von den handelnden Personen ab.
Ganzheitlichkeit wie Lächeln kann man nicht verordnen, das muss aus einem selber hervorkommen.
Du schreibst: "Die Zeit der Sippenhaftung ist vorbei." Da habe ich aktuell andere Erfahrungen!
VG. Michael
 

Offline dino

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Re: Physician Assistant (PA) - Entprofessionalisierung der Pflege?
« Antwort #6 am: 07. August 2018, 11:43:39 »
Du hast generell andere Erfahrungen. Auch als früher eine Krankenpflegeschule noch der ärztlichen Leitung unterstand hing doch die Art des Unterrichts stark vom Schulpflegepersonal ab.

Ob sich Ganzheitlichkeit in der Notfallmedizn/-pflege oder Ähnlichem bewährt, hängt für mich von den handelnden Personen ab.
Ganzheitlichkeit wie Lächeln kann man nicht verordnen, das muss aus einem selber hervorkommen.

Hab ich so nicht beschrieben, ich beschrieb meine Erfahrung. Das hat auch nichts mit irgendwie bewähren zu tun. Es ist so. Probier es mal aus. Autsch, sorry, Du müsstest dann wieder an die Front. Und da laufen die bösen Ärzte rum, und PDL - Ironiemodus aus.
Wenn man Dir zuhört könnte man meinen, dass Du nur schlechte Erfahrungen mit anderen Berufsgruppen hast. Diesmal fehlt nur etwas gegen die PDL. Und nur PP, hier vor Allem Fachpflege und Studierte Pflege, sind in Deinen Augen etwas wert/fit. Aber vielleicht kennst Du das ja von der selbsterfüllenden Prophezeihung,
Ich habe schon geschrieben das Somatik ein Teil der Ganzheitlichkeit darstellt. Ohne Anatomie auch keine Krankheitsleere und letztendlich auch keine Pflegeplanung. Man sollte auch wissen was bei einer falschen Lagerung geschehen kann, etc., etc.
Die Pflege kann nur ernstgenommen werden, wenn sie auf andere Teampartner zugeht (was progressive Pflegekräfte auch tun) und sich nicht abschottet. Nur ewig Gestrige beharren auf ihre Standeshaltung.
VG
dino