Autor Thema: Ärzte kritisieren Akademisierung in der Pflege  (Gelesen 9555 mal)

Offline Thomas Beßen

  • Administrator
  • *
  • Beiträge: 11.160
  • - die Menschen stärken, die Sachen klären -
    • http://www.pflegesoft.de
Ärzte kritisieren Akademisierung in der Pflege
« am: 09. Juli 2018, 18:54:53 »
„Die Kammerversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe hat die zunehmende Akademisierung der Pflege scharf kritisiert. Außerdem hat sie gefordert, dass auch leitende Pflegefachpersonen wieder in der Versorgung tätig sein sollen. Die Akademisierung der Pflege habe inzwischen dazu geführt, dass immer mehr Pflegende nur noch administrativ tätig seien, berichtet das Ärzteblatt und bezieht sich dabei auf eine Aussage von Bernd Hanswille aus der Fraktion Marburger Bund. "In den Pflegeberufen ist es so, dass der leitende Anteil von seinem eigentlichen Sujet, nämlich zu pflegen, weit entfernt ist. Das ist bei Ärzten anders. Da müssen auch leitende Ärzte Nacht- und Wochenenddienste übernehmen und versorgen", so Hanswille nach Ärzteblatt-Angaben weiter. ...“

>>> https://www.bibliomed-pflege.de/alle-news/detailansicht/35775-aerzte-kritisieren-akademisierung-in-der-pflege/

Was sollte man dazu noch sagen... :-(

Virtuelle Urlaubsgrüße! :-)
Thomas Beßen
Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.

Offline IKARUS

  • Member
  • *
  • Beiträge: 2.887
  • Tanzen ist Träumen mit den Füßen
Re: Ärzte kritisieren Akademisierung in der Pflege
« Antwort #1 am: 09. Juli 2018, 21:06:20 »
Dazu kann ich folgendes schreiben!!!
Die Kritik ist zum (kleinen!) Teil berechtigt! Aber! sie ist auch von anderen Interessen geprägt.
Das auch Ober- und Chefärzte den Patientenkontakt bewusst wählen/suche ist ein Tatsache.
Da könnten wir (Pflegelehrer - Tschuldigung!!! Pflegepädagogen/Master of Edukation) was hinzulernen.
Es steht ja nirgendwo, dass Lehrer für Pflegeberufe in den Schulen bleiben müssen. Wir (aber auch die PDler) könnten unsere Arbeitswoche so gestalten, dass wir regelmäßig auch auf der Station arbeiten. Ich war bewusst, neben meiner Arbeit im Unterrichtssaal auch Praxisanleiter. Das hatte große Vorteile! Es ist eine Frage der Organisation!
Zur Kritik, dass wir in der Pflege zu viele Akademiker haben ist nicht nachvollziehbar.
Wir Pflegewissenschaftler wollen ja herausfinden, warum PFLEGE gelingt oder zum Scheitern angelegt ist.
Wir wollen herausfinden, wo wir uns auf Fakten und nicht auf tradiertes Wissen stützen können.
Wir wollen nicht von anderen Berufsgruppen gesagt bekommen, was wir als Profession tun sollen.
Man stelle sich vor, auf dem Bau sagt ein Schlosser einem Schreiner, was er zu tun hat? 
Nehmen wir andere Berufsgruppen??  Da sagt ein Elektroingenieur einem Fliesenleger was er tun soll. Wie mag der wohl reagieren?
Ich will mich nicht über jemanden stellen, aber unterordnen unter einen anderen Beruf gehört der Vergangenheit an.
Hier sollte der TEAM-Gedanke Früchte tragen. Da bekommt dann Teamarbeit einen neuen Gedankenansatz. Auch Pflegefachkräfte können Standpunkt belegen und beziehen!
Darum geht es aus der Sicht der Gesundheits- und Krankenpflege. Nicht um Beherrschen!
Gelebte Teamarbeit! Jeder Beruf ist ein eigenständiger mit einem Aufgabenfeld und Verantwortung.
Sonnige Grüße, Michael Günnewig

Offline dino

  • SchülerInnen & DozentInnen Vitos Hochtaunus u. Rheingau
  • *
  • Beiträge: 5.049
  • In der Ruhe liegt die Kraft
Re: Ärzte kritisieren Akademisierung in der Pflege
« Antwort #2 am: 10. Juli 2018, 13:46:36 »
Hier werden aber kräftig Äpfel mit Birnen verglichen. Pflege und Arzt sind zwei getrennte Berufsbilder mit unterschiedlichen Hirachien aber auch mannigfaltigen Schnittstellen.
Was sind denn nun leitende Mitarbeiter? Schon diese Frage kann man in einem föderalen Staatswesen nicht grundsätzlich beantworten. Schon in einem Landkreis mit Kliniken unterschiedlicher Trägerschaft können sich Hirachien und Befugnisse massiv unterscheiden.
Ein Chefarzt wird natürlich persönlich behandeln, denn nur so kann er auch Privatpatienten abrechnen. Ansonsten hat er mit Patienten, außer der Chefarztvisite, nicht viel zu tun. Soll sich nun ein Pflegedirektor auch Privatpatienten generieren? Was Hintergrunddienste (SB) angeht sind beide Berufsgruppen betroffen. Es soll sogar Kliniken geben wo die Organisation innerhalb der Pflege effizienter ist als bei anderen Berufsgruppen. Leitung bedeutet nunmal Oranisation, und je höher eine Leitung angesiedelt ist, umso mehr bedeutet dies Organisation und Administration. Dies gilt für beide. Der Vorwurf ist also Blödsinn. Ein Zugführer der Feuerwehr stürmt auch nicht mit Atemschutz auf dem Rücken und Hohstrahlrohr in der Hand eine brennende Wohnung, er leitet den Einsatz aus seinem Einsatzleitwagen, sorgt für die Atemschutzüberwachung, die Logistik, fordert Verstärkung oder Sondereinheiten nach und reagiert auf die Rückmeldungen der Fahrzeugführer. So ähnlich läuft es in der Klinik ab.
Ich halte es für effizienter, wenn die Praxisanleiter von den Teams kommen. PAL Ausbildung bietet unsere academy an, sie endet mit einer Prüfung. Die PAL kennen ihre Station und das Pat.- Klientel aus dem FF. Verbesserungen stammen in der Regel aus dem Team. PAL sind ebenso voll im Schichtdienst integriert. Sie können dem Schüler also auch die praktische Praxis vermitteln. Sie können z. B. Frühsignale einer Verschlechterung vermitteln die ein PAL, der primär in der Schule eingesetzt ist, aufgrund fehlender Praxis nicht vermitteln kann. Um effizienter Theorie und Praxis in Einklang zu bringen wäre es wünschenswert, wenn Pflegepädagogen in den Fachbereichen hospitieren.
Auch Pflegekräfte ohne Hochschulabschluss können Standpunkte beziehen, belegen und sich durchsetzen. Das Motto "Gut das wir drüber geredet haben" ist nicht das Meinige.
Ein Ing sagt zwar keinem Fliesenleger was er zu tun hat. Aber wenn es ein Elektroing ist der einem Fliesenleger verklickert wo die Leitungen liegen sollte er schon genau zuhören. Wichtiger als der Statushickhack ist eine wertschätzende Kommunikation auf Augenhöhe.
Ob wir nun in unsrer Berufsgruppe zu viele Akademiker haben weiß ich nicht, hab ich mir nie Gedanken drum gemacht und werde es auch nicht. Diese Art der Diskussion führt zu nichts. Sie spiegelt nicht die Meinung der "Frontärzte" in den Kliniken wieder, sondern solche Art von "Standesdünkel" entspringen eher einer Standesorganisation, mit deren Ergüsse viele Ärzte sich nicht idendifizieren wollen/können. Leider wollen einige aus dem Pflegebereich auch solch eine Vertretung. Vielleicht in weiser Voraussicht, nämlich um für die einen Platz zu schaffen die in den Kliniken nichts hinkriegen.
VG
dino

Offline dino

  • SchülerInnen & DozentInnen Vitos Hochtaunus u. Rheingau
  • *
  • Beiträge: 5.049
  • In der Ruhe liegt die Kraft
Re: Ärzte kritisieren Akademisierung in der Pflege
« Antwort #3 am: 10. Juli 2018, 22:10:50 »
Hier noch etwas zu dem Thema leitende Ärzte suchen und betätigen sich an der Behandlung. Ein mir bekannter Facharzt für Anästehesie, bis vor kurzem Ärztlicher Direktor eines Schwerpunkthauses, einer der fähigsten Notärzte dieser Hemisphäre dem man sich ohne Bedenken anvertrauen kann, machte regelmäßig urlaub in Tirol und flog dort auf dem Rettungshubschrauber als Notarzt mit. Er hatte hier einfach keine Zeit dazu. Ich schreibe dies ohne böswillige Absicht, aber ab Direktorposten kann keine Berufsgruppe regelhaft Patienten versorgen.
VG
dino