Autor Thema: Einen Hilferuf von mehr als 90 Gesundheits- und Krankenpflegeschüler*innen...  (Gelesen 3338 mal)

Online Thomas Beßen

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hat die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Maria Klein-Schmeink, aus Zentralschule für Gesundheitsberufe in Münster am 7. März 2018 erhalten. Darin haben sie ihren Unmut über die Ausbildungsbedingungen zum Ausdruck gebracht. Aufgrund der Personalnot würden die Auszubildenden als volle Arbeitskraft gebraucht und eingeplant:


"Sehr geehrte Frau Klein-Schmeink,

wir sind Gesundheits- und Krankenpflegeschüler*innen im letzten Ausbildungsjahr in einem Krankenhaus in Münster. In den letzten Wochen wurde bei uns im Kurs häufig über die Arbeitsbedingungen und v.a. deren Auswirkungen auf unsere Ausbildung diskutiert und es ist uns ein wichtiges Anliegen diese mit Ihnen zu teilen.

Wir möchten uns auf unserer Recht berufen uns in einer Ausbildung adäquat auf unseren Beruf vorbereiten zu können. Dies ist in der Schule möglich, auf den Stationen im Krankenhaus jedoch leider nicht. Häufig gibt es keinen Raum bestimmte pflegerische Tätigkeiten mit einer examinierten Pflegekraft durchzuführen, um sie unter Aufsicht zu lernen, während gleichzeitig unsere Aufgabenfelder durch die fortschreitende Professionalisierung der Pflege immer komplexer werden.

Diese unzureichende Anleitung war während unserer gesamten Ausbildung ein großes Problem. Dies liegt nicht an der Motivation der examinierten Pflegekräfte, sondern an den Bedingungen auf den Stationen. Aufgrund der Personalnot werden wir als volle Kraft gebraucht und eingeplant. Trotz beharrlichen Nachfragens, können nur selten Anleitsituationen gewährleistet werden. So entsteht eine große Diskrepanz zwischen theoretisch erlerntem Wissen und praktischer Ausführung.

Besonders deutlich wurde uns dies in einem Projekt Anfang Januar. Wir hatten die Möglichkeit die Auszubildenden des ersten Lehrjahres in ihrer ersten Woche zu begleiten und anzuleiten. Es ging nicht nur darum eine erste Orientierung zu geben, sondern auch eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis zu schaffen und somit ein Fundament für die weitere Ausbildung zu legen. Aus Erfahrung wissen wir, dass dieses im Verlauf der Ausbildung vorausgesetzt und nicht erneut überprüft wird. Offiziell lautet die Übereinkunft zwischen dem Krankenhaus und der Schule, dass wir für diese Woche vom Stationsalltag freigestellt werden. Leider war dies jedoch auf vielen Stationen nicht möglich, weil es an Personal mangelte.

Infolgedessen konnten wir den Unterkursschüler*innen nicht die notwendigen Grundlagen vermitteln. Dadurch wurde uns besonders bewusst, wie schwer die Situation auch für die examinierten Pflegekräfte sein muss, Zeit für Anleitsituationen aufzubringen.

Ein weiterer Aspekt, der uns sehr am Herzen liegt, ist eine, für unseren Kenntnisstand, zu große Verantwortung, die wir als Auszubildende übernehmen müssen. Dies zeigt sich in Situationen in denen wir wegen des Personalmangels eigenständig Tätigkeiten übernehmen müssen, bei denen wir noch Aufsicht benötigten. Teilweise erlebten wir Dienste mit ein bis zwei Examinierten für 36 Patient*innen, darunter viele Übernahmen von der Intensivstation und frisch operierte Patient*innen.
Dabei fühlen wir uns häufig unvorbereitet und überfordert. Wir merken, dass wir den Patient*innen oft nicht gerecht werden können, sie teilweise sogar gefährden. Dies übt jetzt schon einen enormen psychischen Druck auf uns aus.

Auch kommen wir an die Grenzen unserer körperlichen Belastbarkeit, u.a. weil Pausen- und Dienstzeiten oft nicht eingehalten werden.

Insgesamt führt diese Situation zu einer großen Unzufriedenheit unsererseits und dem Unmut überhaupt in dem Beruf anzufangen. Dies würde bedeuten, dass die aktuellen Tendenzen des bereits bestehenden Fachkräftemangels sich noch weiter zuspitzten.
In den Medien ist das Thema Pflegenotstand (leider meist nur im Bezug auf die Altenpflege) momentan sehr präsent, allerdings finden wir die Reaktion der Politik sehr enttäuschend und fühlen uns nicht ernst genommen.
Unsere Perspektivlosigkeit wird dadurch noch verstärkt, dass wir keine politischen Veränderungen wahrnehmen. Das ist sehr schade, weil die meisten von uns grundsätzlich Freude an diesem Beruf haben. Wir werden unter diesen Bedingungen jedoch nicht in der Pflege bleiben!

Wir fordern Sie auf Ihre Position zu nutzen, um die Pflege und die Auszubildenden in ihren Forderungen zu vertreten. Gerne würden wir mit Ihnen in einem persönlichen Gespräch in einen Austausch darüber kommen und über die Ausbildungssituation zielführend diskutieren.

In Erwartung Ihrer Rückmeldung, mit freundlichen Grüßen"



Quelle: http://www.klein-schmeink.de/data/user/PDF-Dokumente/2018/Appell_der_Gesundheits__und_Krankpfleger_in_Ausbildung.pdf

Virtuelle Grüße!
Thomas Beßen
Wer heute krank ist, muss kerngesund sein.